Unsere Reise in den Iran

  • Ein guter Freund von mir hat eine iranische Freundin, die er kürzlich in Österreich geheiratet hat. Eine Feier im kleinsten Kreis, da von ihr weder Freunde noch Familie kommen konnten. Daher wurde im April eine Feier in Teheran geplant, mit ihrer iranischen Familie und Freunden, aber einigen österreichischen Verwandten und Freunden von ihm. Meine Frau und ich haben nicht lange überlegt und kurzfristig zugesagt. Wir fliegen für 6 Tage in den Iran! Direktflüge gibt es nur wenige, und an unseren Reisetagen gar keine, daher haben wir mit Qatar Airways via Doha gebucht, 460€ pro Person.


    Das Visum war ein bisschen kompliziert, da unsere Online-Anträge abgelehnt worden sind und wir über ein Reisebüro beantragen mussten. Schlussendlich hat aber alles funktioniert, für meine philippinische Frau genauso wie für mich. Mehr zum Visum: Iran-Touristenvisum für Filipina mit österreichischem Aufenthaltstitel


    Hotels haben wir vorab per E-Mail gebucht. Für die erste Nacht Mittelklasse-Innenstadt-Hotel, in dem wir alle österreichischen Hochzeitsgäste gewohnt haben. 30€ pro Nacht inklusive Frühstück (also 15€ pro Person), zahlbar in Euro. Das ist uns doch relativ billig vorgekommen, und daher haben wir für die restlichen Nächte das Parsian Azadi Hotel gebucht, ein absoluter Nobel-Schuppen im Norden der Stadt, das Zimmer für 68€ pro Nacht inkl. Frühstück (also 34€ pro Person). Die niedrigen Preise haben uns etwas verwundert, Angaben in Toman und Rial haben uns auch verwirrt, aber dazu später mehr. Doch es hat tatsächlich alles sein Richtigkeit. Der Iran ist komplett vom internationalen Banken-System abgeschnitten ist, im Land kann man weder mit Kreditkarte zahlen kann noch an Geldautomaten abheben. Nur Bares ist Wahres im Iran.


    Und so standen mit einer Menge Bargeld im Gepäck eines schönen Abends in Wien, um nach einem kurzen Stopp in Doha am nächsten Morgen in Teheran anzukommen.


    - Fortsetzung folgt -

  • Was macht eine Filipina im Iran? Wir haben uns im Vorfeld informiert, hatten trotzdem keine konkrete Vorstellung. Frauen müssen Kopftuch tragen, das ist klar. Aber nicht so wie die türkischen Frauen in Österreich oder Deutschland, sondern eher einen Schal, der einfach lose um den Kopf gelegt wird, so wie hier (Quelle: http://www.jordantimes.com/new…tests-cap-years-evolution )

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    Außerdem müssen Frauen langärmelige Kleidung tragen, kurze Hosen sind Frauen und Männern untersagt. Da im April in Teheran etwa 20-22 Grad herrschen, ist das kein Problem. Meine Frau hat daher zwei Seidenschals ins Handgepäck gepackt, um sicherzugehen.


    Der Flug ist angenehm, Essen und Service war bei Qatar Airways erwartungsgemäß sehr gut. Die Mahlzeiten bei Qatar Airways sind aktuell meiner Meinung nach mit Abstand das beste, was irgendwo in in der Economy auf Linienflügen serviert wird. Der Flug von Doha nach Teheran ist kurz, dauert nur etwas zwei Stunden. Die Frauen sind alle normal gekleidet. Als der Kapitän den Beginn des Landeanflugs durchsagt, springen plötzlich einige Frauen hektisch auf, um noch schnell auf der Toilette ihre westliche Kleidung gegen muslimische Kleidung zu wechseln. Andere Frauen kramen Tücher aus ihrem Handgepäck. Unsere Sitznachbarin, eine sehr nette Iranerin, entschuldigt sich bei meiner Frau für die Kleidungsvorschriften und versichert uns, dass wir einen schönen Urlaub haben werden. Das sollte und in den kommenden Tagen noch mehrfach passieren.


    Nach der Landung ziehen die Frauen im Flieger schließlich ihre um den Hals gelegten Tücher über den Hinterkopf. Der internationale Flughafen in Teheran (IKA - Imam Khomeini International Airport) ist winzig, hat etwa die Ausmaße des Davao Airport. Das gibt zu denken, schließlich ist das der wichtigste Airport des Landes, und im Iran leben mit 81 Mio Einwohnern etwa so viele Leute wie in Deutschland. Passkontrolle ist schnell und einfach, keine Fragen. Gepäck abgeholt, durch den grünen Zoll-Durchgang raus, und im öffentlichen Bereich wartet schon eine junge Dame vom Hotel-Taxi auf uns. Doch zuerst noch Geld wechseln, bei der offiziellen Wechselstube bekommen wir 152 000 Rial für 1 €. Meine Frau und ich wechseln je 100€ und bekommen dafür einen größeren Stapel Geldscheine (der größte Geldschein ist 500 000 Rial, also etwas 3.50€).


    Auf der einstündigen Fahrt zum Hotel klärt sich die Sache mit dem Geld auf. Es gibt einen internationalen Wechselkurs, aktuell etwa 1€ = 47 000 Rial. Gegen Bargeld bekommt man im Iran jedoch hochoffiziell 152 000 Rial für 1€. Früher war der Bargeld-Wechselkurs etwa gleich wie der internationale, aber seit Trump das Atomabkommen gekündigt hat, befindet sich der Bargeld-Wechselkurs des Rial im freien Fall. Im Laufe der Woche ist er auf 155 000 Rial angestiegen, derzeit liegt er bei schon bei 166 000 Rial (siehe hier: https://www.bonbast.com/ ). Das heißt, als Ausländer bekommt man aktuell im Iran für sein Geld 3x so viel wie noch vor einem Jahr. Kein Wunder, dass einem Europäer aktuell alles im Iran unglaublich billig vorkommt. Für Iraner ist das natürlich ziemlich schlimm, da importierte Waren kaum noch leistbar sind.


    Im Hotel schlafen wir ein paar Stunden, da wir vom Nachtflug noch recht müde sind, dann machen wir uns fertig für die Hochzeitsparty. Wir haben keine Ahnung, was uns dort erwartet. Meine Frau zieht unentschlossen eine lange Hose mit kurzärmeliger Bluse und darüber einen Blazer an, ich trage eine schöne Hose und ein langärmeliges Hemd.


    - Fortsetzung folgt -

  • :hi:thumb

    weiter so, habe Zeit aber wenig Geduld:haha


    -gogobo-

    Der Sinn des Lebens besteht nicht darin ein Erfolgreicher Mensch zu sein

    sondern ein Wertvoller !


    -Einstein-


  • Schöner Bericht! Freu mich schon auf die Fortsetzung. Bitte auf jeden Fall weiterschreiben. Ein Traum von uns ist es in den nächsten Jahren Mal mit dem Campingbus durch den Iran zu reisen.

    "Kung gusto mong igalang ka, matuto kang gumalang muna"


    "Wenn du respektiert werden willst, lerne zuerst andere zu respekteren"

  • Abends fahren wir Österreicher (meine Frau ist auch Teil der österreichischen Gäste) mit zwei Taxis in den Norden von Teheran, wo die Feier stattfindet. Der Verkehr ist die Hölle, die teheraner Stadtautobahnen erinnern an die EDSA, mit der Ausnahme, dass es Richtung Norden durchwegs steil bergauf geht. Nach ein-einhalb Stunden erreichen wir ein gehobenes Stadtviertel, und unsere zwei Taxis halten schließlich in einer Nebenstraße vor einem Wohnhaus. Wir sind da! Die Taxifahrer möchten nun jeweils 300 000 Rial (2€) statt der vereinbarten 250 000, weil so viel Verkehr war. Meinetwegen. Schließlich kommt eine Art Security-Mitarbeiter aus dem Wohnhaus, identifiziert uns offenbar als Hochzeitsgäste und führt uns in den Keller, wo hinter einer unscheinbaren Türe ein wunderschöner Festsaal liegt. Die Frauen werden sofort in einen Umkleideraum geleitet, um sich Party-Kleidung anzuziehen. Die weiblichen iranischen Gäste kennen das Prozedere natürlich und kommen alle mit Stöckelschuhen und kurzen, schulterfreien Cocktail-Kleidern wieder aus der Umkleide. Ja, wenn meine Frau das gewusst hätte! Nur die Mutter der Braut legt ihr Kopftuch nicht ab, ist aber ebenfalls sehr modisch gekleidet. Die Männer tragen alle elegante Anzüge. Alle begrüßen sich herzlich, Hände werden geschüttelt, man umarmt sich. Von wegen, dass Männer und Frauen im Iran einander nicht berühren dürfen! Wir merken schnell, Privatleben und öffentliches Leben sind im Iran zwei Paar Schuhe.


    Zuletzt kommt das Brautpaar und begrüßt alle Gäste. Es werden Mehlspeisen, Süßigkeiten und Obst serviert, und süßer Kaffee, Tee und Fruchtsäfte. Alkohol wird nicht serviert, allerdings zaubern ein paar Gäste zu späterer Stunde Wasserflaschen mit irgendeiner Art Schnaps hervor. Dann beginnt die Party, es gibt eine gewaltige Musik-Anlage und zwei DJs, gespielt wird iranischer Dance-Pop. Niemand darf sitzen bleiben, alle müssen tanzen. Dazwischen werden Hochzeitsfotos gemacht, und man stärkt sich mit Obst, Süßigkeiten, Tee und Kaffee. Dann wird wieder getanzt.


    Kurz vor Mitternacht wird schließlich ein Buffet aufgetischt und es gibt Abendessen. Tja, andere Länder, andere Sitten. Das Essen ist ausgezeichnet und trifft den philippinischen Geschmack meiner Frau ebenso wie meinen österreichischen. Danach verabschieden sich die ersten Gäste, und die Frauen ziehen sich wieder ihre langen Gewänder mit Kopftüchern an, bevor sie gehen. Wir Österreicher werden vom Security durch die dunkle Tiefgarage des Hauses geleitet, nachdem die Taxis vorgefahren dürfen wir in der Dunkelheit schnell und leise einsteigen. Jetzt ist nur noch wenig Verkehr und nach einer kurzen Taxifahrt kommen wir wieder im Hotel an.


    Wer hätte das gedacht, ein so gotteslästerliche Feier im so konservativen Iran. Und keiner hat's gesehen, dort im Keller dieses Wohnhauses. Und doch ist alles dokumentiert, in den unzähligen Fotos der Gäste, denn ein Smartphone hat im Iran mittlerweile jeder, und bei Selfies machen sie jedem chinesischen Touristen Konkurrenz.


    - Fortsetzung folgt -


    PS: Die Gesichter auf dem Foto habe ich aus Persönlichkeitsrechten verpixelt.

    Dateien

    • Hochzeit1.jpg

      (153,6 kB, 38 Mal heruntergeladen, zuletzt: )
  • Da im April in Teheran etwa 20-22 Grad herrschen, ist das kein Problem.

    Das erinnert mich an meine erste Reise in den Iran. Wir waren am 1. April 1967 in Teheran und als wir am
    morgen aufwachten, bot sich uns das folgende Bild.


    Iran C-052.jpg

    Sicht gegen Norden auf das Elburs Gebirge


    Wir dachten erst an einen Aprilscherz. Der Schnee ist dann aber recht schnell verschwunden.


    Habe den Iran mehrmals bereist.


    1967 per Autostopp Route: Abadan - Teheran - Maschad - Afghanistan

    mit Abstechern ans Kaspische Meer und Isfahan


    1978 mit VW-Bus : Route Van (Türkei) - Hamadan - Isfahan - Shiraz - Isfahan - Ghom - Teheran - Kaspisches Meer -

    Maschad - Afghanistan


    1979 Rückreise : Afghanistan - Maschad - Teheran - Täbris - Türkei


    War von dem Land und der Freundlichkeit der Bewohner sehr beeindruckt.


    Gruss

    Peter


  • Das erinnert mich an meine erste Reise in den Iran. Wir waren am 1. April 1967 in Teheran und als wir am
    morgen aufwachten, bot sich uns das folgende Bild.

    Danke für das Bild, ich habe zum Vergleich aktuelle Fotos aus einer ähnliches Perspektive (werde ich in Kürze posten) :thumb

    War von dem Land und der Freundlichkeit der Bewohner sehr beeindruckt.

    Das haben wir auch so empfunden. Freundlich, aber nicht unangenehm aufdringlich. Völlig anders als Araber beispielsweise. Ich denke, das Sozialverhalten der Iraner ist ziemlich gut mit Europäern kompatibel.


    Wenn man die Medien liest, glaubt man, im Iran trifft man auf lauter islamische Fundamentalisten, die den Westen hassen. Und dann trifft man im Iran auf freundliche, gebildete, weltoffene Leute, die ihr Regime hassen und und sich dafür sogar entschuldigen.

  • Gratuliere trivial und das gleich doppelt:


    1) Zu dem vorzüglichen Bericht aus erster Hand, denn der Iran ist ja trotz gelegentlicher TV-Berichte so eine Art Terra Incognita für uns.


    2) Zum Millionärsstatus im Iran. In Rial ist das ja kein Problem und das entsprechende Feeling ist dann mit der gewaltig gesteigerten Kaufkraft auch damit verbunden.


    Eins wundert mich aber bei der ganzen Aktion.


    Ein guter Freund von mir hat eine iranische Freundin, die er kürzlich in Österreich geheiratet hat.

    Ich dachte immer, dass islamische Frauen (zumindest aus streng gläubigen Ländern) keine Ungläubigen heiraten dürften, oder wurde dein Freund vorher bekehrt?


    Ich wäre übrigens vor längerer Zeit beinahe in Teheran gelandet, weil ich ein Jobangebot aus einer Schule von dort hatte. Wegen der sich abzeichnenden politischen Unruhen habe ich das ausgeschlagen und bin Monate später dann nach Nigeria gegangen. Das Ganze passierte Ende 1979. Einige Monate später musste der Schah fliehen, und die Mullahs errichteten ihr Regime, das bis heute andauert und zu den Zuständen geführt hat, die trivial so schön schildert.

    Viele Grüße

    Reinhold

  • Ich dachte immer, dass islamische Frauen (zumindest aus streng gläubigen Ländern) keine Ungläubigen heiraten dürften, oder wurde dein Freund vorher bekehrt?

    Die beiden haben in Österreich geheiratet, und ein österreichisches Standesamt interessiert sich nicht für die Religionen der Ehepartner. Seine Frau kommt zwar aus dem Iran, wo sie formal islamisch sein muss, sie sieht sich selbst aber nicht als Muslime.


    Allerdings hat sich ein Standesamt in Wien zunächst geweigert, bei einem Standesamt in Salzburg hat es dann aber funktioniert, im Endeffekt sogar ziemlich einfach. Die iranischen Behörden sind absolut unkooperativ und beglaubigen nichts, und das Standesamt in Salzburg hat sich dann darauf beschränkt, für das Ehefähigkeitszeugnis ein paar vorliegende Original-Dokumente zu anzusehen.

    Seine Ehefrau hat die Heirat auch den iranischen Behörden gemeldet. Laut ihrer Aussage wird die Heirat im Iran zwar nicht richtig anerkannt, aber irgendwie zur Kenntnis genommen.

  • Teheran ist eine riesige Stadt mit 15 Millionen Einwohnern in der Metropolregion, etwa 30 km breit und 20 km lang. Das sind zwar vergleichar mit Metro Manila, aber in der Ausdehnung mehr als doppelt so groß. Für eine Stadt hat man sehr große Entfernungen.


    Der Verkehr ist ein Erlebnis. Quer durch die Stadt ziehen sich zahlreiche Stadtautobahnen. Spurwechsel finden unvermutet und ohne zu schauen statt, außerdem hängt die Mehrheit der Iraner beim Fahren am Smartphone. Alle Auto, selbst teure Neuwägen, sind komplett zerkratzt und verbeult. Auf den zahlreichen 3-spurigen Stadtautobahnen wird bei stärkerem Verkehrsaufkommen mindestens 4-spurig gefahren, an einer 5. Spur scheitert es mangels Platz, sie versuchen es trotzdem immer wieder. Gewöhnungsbedürftig sind auch die Vorrangregeln an Kreuzungen, die Autofahrer fahren ungebremst aufeinander zu, und wer zuerst bremst hat verloren und muss Vorrang geben. Allerdings wird kaum gehupt.

    Quer durch die Stadt ziehen sich zahlreiche Stadtautobahnen, die vor allem abends hoffnungslos verstopft sind. Es gibt auch ein gutes, umfangreiches Metro-System, und ein paar BRT-Linien (=Bus-Rapid-Transit-System, das sind Buslinien mit baulich getrennten, separaten Fahrspuren). Zur Nutzung sollte man sich unbedingt eine Guthabenkarte zulegen, denn der Kauf von Einzeltickets mit Bargeld ist mühsam und zeitaufwändig.

    Taxis gibt es überall. Iraner buchen ihr Taxi üblicherweise mit der Handy-App Snap, das Taxi kommt zu einer GPS-Position und kostet einen Fixpreis (so wie Uber oder Grab). Wir haben es leider verabsäumt, uns eine Simkarte zu besorgen, und so mussten wir Taxis an der Straße stoppen. Haben aber nie länger als 5 Minuten gewartet. Taxameter gibt es keine, der Preis ist Verhandlungssache. Für eine übliche Fahrt von 30 bis 60 Minuten haben wir meist 300 000 Rial gezahlt (2€), etwas teurer als mit Snap, aber im Rahmen.


    Teheran ist, abgesehen vom Verkehrschaos, eine erstaunlich moderne Stadt. Sehr sauber, gute Straßenzustände, Gehsteige, keine Bettler, kaum Straßenkriminalität. Überall in der Stadt finden sich große, wunderschöne Parks. Es gibt auch öffentliche Toiletten, die sehr sauber sind, oft sogar mit Warmwasser zum Händewaschen.


    Teheran liegt auf einem großen Hang des Elburs-Gebirge. Der südliche Teil befindet sich auf ca. 1000m Seehöhe, der nördliche Teil auf 1700m. In der gesamten Stadt geht es steil bergauf bzw. bergab. Die Höhenlage erklärt auch das rauhe Klima. Im April ist es in der Nacht immer ziemlich kalt, nur am Nachmittag wärmt es für ein paar Stunden angenehm auf.


    Meine Frau hatte vor der Reise gewisse Bedenken wegen der formalen Diskriminierung von Frauen, was sich im Nachhinein aber als völlig unbegründet herausgestellt hat. Es gibt zwar Kopftuchzwang, ein Schal auf den Hinterkopf ist aber ausreichend. In Teheran lässt sich oft beobachten, dass dieser Schal oft nach hinten rutscht, irgendwann merkt die Frau es dann und zieht ihn wieder hoch - bis er erneut nach unten rutscht. Frauen führen im Iran ein ziemlich selbstbestimmtes Leben, sie studieren, fahren Auto, haben gute Jobs, suchen sich ihre Ehemänner selbst aus. Die formalen Regeln des muslimischen Zusammenlebens gelten nur in der Öffentlichkeit. Im privaten Haushalt lebt man wie in Europa. Die iranische Frau meines Freundes ist ganz normal westlich gekleidet. An der Garderobe hängen eine lange, weite Bluse und der Kopftuch-Schal, die sie beim Verlassen der Wohnung überstreift.


    Auch technologisch ist der Iran durchaus fortschrittlich. Fast überall gibt es kostenloses WLAN, das aber meist nur mit persönlicher, registrierter Handynummer nutzbar ist (die wir nicht hatten). Die Iraner zahlen meist bargeldlos mit Bankomatkarte, sogar bei Marktständen im Bazar gibt's mobile Bankomatkassen. Nur als Ausländer nicht, da das iranische Bankensystem von der Welt abgeschnitten ist. Einmal in einem Museum war der Verkaufsschalter nicht besetzt, da hat uns ein Iraner die Eintrittskarte am Automaten gekauft und wir haben ihm das Bargeld gegeben.


    Ein Taxifahrer, der ausgezeichnet englisch spricht, beginnt eine politische Diskussion. Er ist sogar über die politische Lage in Österreich informiert und kennt Bundeskanzler Kurz. Er sagt, dass oppositionelle Kräfte bereits an einer Machtübernahme warten und viele Menschen in den nächsten Jahren mit dem Sturz des Chomeini-Regimes arbeiten. Und dann soll ein Frieden mit den USA, mit Europa und mit Israel folgen. Es wäre dem Iran zu wünschen, dass so etwas gewaltlos ohne Bürgerkrieg abläuft. So wie ich das gesehen habe, ist der Iran ein intakter Staat mit funktionierender Gesellschaft. Die Iraner haben etwas besseres verdient als diese wahnsinnigen Islamisten.


    Blick aus dem Azadi Hotel Richtung Südosten:

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    Blick aus dem Azadi Hotel Richtung Norden, im Hintergrund das Elburs-Gebirge

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    Ein riesiger Park mitten in Teheran

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    Ein typisches Autobahnkreuz mitten in der Stadt

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    Ein kleinerer Park

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    - Fortsetzung folgt (Sightseeing in Teheran) -

  • Blick aus dem Azadi Hotel Richtung Norden, im Hintergrund das Elburs-Gebirge

    ...etwas weiter nach links würde man das berühmt-berüchtigte Evin-Gefängnis sehen, in dem viele politische Gegner eingesperrt wurden. Schon früher zu Shah's Zeiten und erst recht danach...

  • Ich freue mich auf die Fortsetzung. Bin schon ganz gespannt.


    Das haben wir auch so empfunden. Freundlich, aber nicht unangenehm aufdringlich. Völlig anders als Araber beispielsweise. Ich denke, das Sozialverhalten der Iraner ist ziemlich gut mit Europäern kompatibel.

    Perser und Araber haben außer der Religion (was auch nur bedingt richtig ist, nicht alle sind Muslime, viele sind Schiiten, wenige Sunniten) wenig gemein. Kommt bei Persern wohl auch nicht gut an, wenn man sie für Araber hält. Bei uns in der Stadt leben einige Iraner, die meisten sind recht wohlhabend, viele sind Mediziner und leben schon lange hier, manche sind vor dem Schah geflohen, manche vor den Mullahs, einige sind nach dem Studium geblieben. Und jetzt gibt es einige, die den Iran während der letzten 4 Jahren verlassen haben. Eine sehr unauffällige Gruppe.

    Wahnsinn bei Individuen ist selten, aber in Gruppen, Nationen und Epochen die Regel.

  • Am Tag nach der Hochzeit waren wir faul und vernichteten bei der Familie der Braut das restliche Essen des Vortags.


    Tags darauf besichtigten wir den Niavaran Palace, die ehemalige Residenz des Schah, heute ein Museum. Leider regnete es die meiste Zeit, sodass ich kaum fotografierte. Der Palast ist recht interessant und gibt ein umfangreiches, wenngleich verklärtes Bild, der Schahs ab. Sehenswert ist nicht nur der Palast, sondern auch die wunderschönen Gartenanlagen rundherum. Es gibt auch ein Museum mit einer kleinen, kurios durcheinandergewürfelten Sammlung an Kunstgegenständen. Da hängt beispielsweise ein originaler Picasso, und daneben stehen Tongefäße aus der Inka-Zeit in Peru. In einem Abschnitt des Gartens lassen sich altertümliche Steintafeln mit Keilschrift, Wandreliefs und Steine mit Höhlenmalerein bewundern. Auf einer der zahlreichen Info-Tafeln lernten wir auch, dass es unter dem Schah ein Gesetz gab, wonach Kopftücher verboten waren und Männer sich westlich kleiden mussten. Und jetzt erleben wir das exakte Gegenteil.


    Ebenfalls eine Reise wert ist der Milad Tower, mit 435 Meter der sechsthöchste Fernsehturm der Welt. Mit Aufzügen gelangt man auf mehrere Plattformen bis 315 Meter Höhe. Oben gibt es ein paar Ausstellungen, beispielsweise über iranische Beziehungen zu anderen Staaten,die fast allesamt aus der Schah-Zeit stammen. Sehr nett ist auch der Besuch im Restaurant oder im Café mit Blick über die ganze Stadt.


    Lustig war auch der Besuch im Tajrish Bazaar, wo es allerhand persische, orientalische und westliche Spezialitäten zu kaufen gibt. Daneben befindet sich eine riesige Moschee, die außen komplett mit blauem Mosaik verziert ist. Auf der anderen Seite des Bazars liegt eine Shopping Mall, wo größtenteils Goldschmuck und Markenkleidung zu europäischen Preisen verkauft werden. Offenbar gibt es wohlhabende Iraner, die sich das trotz des Wechselkursverfalls leisten können.


    Positiv fällt auf, dass in Teheran fast alles auf farsi (=persisch) und auf englisch angeschrieben ist. Straßenschilder, Geschäftsfronten, sogar Produkte in Supermärkten. Das erleichtert das Touristendasein ungemein.


    Wohngebäude des Schah im Niavaran Complex

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    Antike Steintafel im Niavaran Complex

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    Garten im Niavaran Complex

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    Der Milad Tower

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    - Fortsetzung folgt -

  • ...etwas weiter nach links würde man das berühmt-berüchtigte Evin-Gefängnis sehen, in dem viele politische Gegner eingesperrt wurden. Schon früher zu Shah's Zeiten und erst recht danach...

    Ich habe es auf ein paar Fotos, aber von oben es ist nur ein unscheinbarer, flacher Bau am Fuß eines Hügels, fast versteckt hinter Bäumen. Das lässt nicht einmal annähernd erahnen, welches Unrecht in diesem Gefängnis stattgefunden hat und immer noch stattfindet.

  • Am letzten Tag war endlich perfektes Wetter, wolkenloser Himmel und Sonnenschein. Ideal für einen Ausflug auf den Tochal. Dieser 3964 Meter hohe Berg hinter Teheran ist per Seilbahn erreichbar und im April noch schneebedeckt.

    Mit dem Taxi fuhren wir nach Bame zum großen Parkplatz. In einem kleinen Supermarkt kauften wir uns für 150 000 Rial (1€) ein paar Snacks und Getränke. Dann fuhren wir mit dem Elektrobus zur Talstation der Seilbahn, alternativ kann man die kurze Strecke auch gehen. Für 600 000 Rial (4€) pro Person einen Round Trip bis ganz nach oben erstanden, und los ging es. Die anderen Fahrgäste waren hauptsächlich einheimische Iraner mit Schi-Ausrüstung. Nach einer langen Fahrt mit der Seilbahn und zwei Zwischenstationen steigt man auf 3740 Metern aus. Vor uns eine unglaublich schöne Winterlandschaft, glatter weißer Schnee, blauer Himmel, strahlend schöner Sonnenschein. Die eisige Kälte von -8°C und starke Windböen konnten unsere Stimmung nicht trüben. Dort oben auf dem Plateau gibt es zwei Sessellifte, die man sogar kostenlos benutzen kann. Am Ende des Liftes liegt das Tochal Hotel, wo man sich im Restaurant stärken oder übernachten kann. Ein Paradies für Schifahrer, die dem Trubel der Stadt entfliehen wollen. Anscheinend kann man auch Schiausrüstung mieten, wir spazierten aber lieber oben herum und waren überwältigt von der Schönheit des Berges. Von der Seilbahnstation ist es nur noch eine kurze Wanderung bis zum Gipfel. Dort trifft man dann auf Wanderer, die den Tochal vom Osten her bestiegen haben. Die Aussicht ist überwältigend, auf der einen Seite Teheran, auf der anderen die Gipfel des Elburs mit dem 5604 Meter hohen Damawand. Am Gipfel befindet sich zwar eine Metallkuppel als Unterschlupf, die war es ziemlich voll mit anderen Wanderern. Da uns langsam kalt wurde, fuhren wir mit der Seilbahn runter bis zur Mittelstation, wo es schon deutlich wärmer war, sodass wir in der Sonne gemütlich unsere Snacks essen konnten.


    Danach fuhren wir wieder runter zur Talstation, um den Nachmittag gemütlich ausklingen zu lassen. Das ist ein sehr beliebtes Ausflugsziel für Einheimische, hier befinden sich viele Cafes und Restaurants, Plätze zum Picknicken, und ein paar Attraktionen wie eine Achterbahn und eine Zipline. Hier sind auffallend viele Frauen ohne Kopftuch unterwegs und Paare spazieren gerne händchenhaltend herum - anscheinend ist man hier außerhalb des Gebiets der Sittenpolizei. Auf jeden Fall einen Besuch wert, sowohl untertags als auch abends nach Sonnenuntergang.


    Der Tochal von unserem Hotel aus gesehen

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    Oben im Schigebiet

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    Am Gipfel des Tochal

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    In Bame mit Blick über Teheran

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  • Nach dem Abendessen mussten wir zurück zum Hotel, unsere Koffer abholen und zum Flughafen fahren. Für unsere übrigen Rial, wir hatten ja 200€ gewechselt, bekamen wir bei der Wechselstube sogar noch 30€ zurück. Von den übrigen 1 Mio Rial (6,50€) bekamen wir sogar noch zwei Kaffee und im Duty Free eine ganze Menge iranischer Süßigkeiten.


    Der Rückflug mit Qatar Airways war wie erwartet angenehm und unproblematisch. Insgesamt ein sehr schöner und erlebnisreicher Urlaub in einem Land, dass viel besser ist als sein internationaler Ruf und sein Regime. Es bleibt zu hoffen, dass die Leute die wahnsinnigen Mullahs irgendwie auf friedliche Art und Weise los werden und die USA keinen Militärschlag durchführen. Denn die islamische Diktatur haben sie ebensowenig verdient wie einen Krieg.


    - Ende -