Story of Carancal

  • Durch meinen Sohn kommen mir immer mal wieder Philippinische Fabeln und Maerchen unter, mit zum Teil sehr fragwuerdigem Inhalt. Teils mit Moralvorstellungen und Belehrungen die uns in Mitteleuropa fremd sind.


    Hier die sehr populaere "Story of Carancal"


    http://fullonlinebook.com/poem…ory-of-carancal/nigc.html


    Kurzfassung:


    Ehepaar wuenscht sich verzweifelt ein Kind und fragt dafuer nicht nur Gott sondern sogar auch Hexen. Diese sagen die Geburt eines winzigen Kindes voraus.

    Das Ehepaar bekommt dann auch ein winziges Kind Names Carancal

    Obwohl Carancal isst und isst wird er im Laufe der Jahre nicht groesser als 4 Feet.

    Weil Carancal so viel isst wird das Ehepaar im Laufe der Jahre aermer und aermer.

    Also fragt seine Mutter den Vater ob es nicht besser waere das Kind wegzuschicken.

    Darauf antwortet der Vater:

    "No, it is a shame to send him off," said the father, "for we asked God for him. I will take him to the forest and there kill him; and if the neighbors ask how he died, we will say that an accident befell him while cutting trees."


    "Nein es waere eine Schande (gegenueber den Nachbarn) ihn wegzuschicken nachdem wir Gott darum gebeten hatten. Ich will mit ihm in den Wald gehen und ihn toeten und wenn die Nachbarn fragen wie er starb sagen wir dass ein Unfall passierte waehrend sie Baeume gefaellt haben."


    Der Vater versucht daraufhin mehrfach seinen Sohn zu toeten. Aber immer wieder gelingt es Carancal am Leben zu bleiben. Statt dadurch getoetet zu werden traegt er einen schweren Baumstamm nach Hause und tags darauf ein Krokodil. Denn obwohl er so klein ist hat er Riesenkraefte!

    Daraufhin teilt die Mutter Carancal mit dass er besser in die weite Welt hinausgeht weil seine Eltern durch ihn nur aermer und aermer werden.

    Darauf Carancal:

    "Mother," interrupted the boy, "I really did not wish to go away from you; but, now that you drive me as if I were not your son, I cannot stay." He paused for a moment to wipe the tears from his cheeks. "You know that I love you; but you, in turn, hate me. What shall I do? I am your son, and so I must not disobey you.


    "Ich wuensche mir nicht von Euch fortzugehen aber nun, wo Ihr mich behandelt als waere ich nicht Euer Sohn kann ich nicht mehr bleiben".

    Er stoppte einen Moment um sich die Traenen von der Wange zu wischen:

    " Ihr wisst dass ich Euch liebe aber Ihr auf der anderen Seite hasst mich. Was kann ich tun? Ich bin Euer Sohn und muss somit gehorchen"


    Er geht also mit einem Bolo aus dem Haus in die weite Welt wo er mit seinen Baerenkraeften verschiedene Abenteuer besteht, zum Hero wird und viel Ruhm, Ehre und Geld verdient, schlaegt aber aus zu heiraten.


    Am Ende der Story geht er wieder zu seinen Eltern:


    "One day Carancal thought of visiting his cruel parents and of living with them. So he set out, carrying with him plenty of money, which the three kings had given him. This time his parents did not drive him away, for he had much wealth. Carancal lived once more with his parents, and had three kings under him."


    "Eines Tages entschloss sich Carancal seine grausamen Eltern zu besuchen und mit ihnen zu leben. So machte er sich auf den Weg mit dem vielen Geld welches ihm die 3 Koenige gegeben hatten. Dieses Mal schicken ihn seine Eltern nicht weg wegen seiner grossen mitgebrachten Reichtuemer. Carancal lebt also wieder mit seinen Eltern........


    Ende der Story!


    Unglaublich!


    Eine Moral von der Geschichte: Ganz gleich wie grausam Deine Eltern zu Dir sind und wie wenig sie Dich lieben - Du musst nur mit Reichtum kommen wenn Du von ihnen akzeptiert werden moechtest!


    Eine weitere Moral: Ganz gleich wie schlecht Deine Eltern Dich behandelt - am Ende fuehrt der Weg Dich immer wieder dorthin!



    Wie findet Ihr die Story?



    LG Carabao

  • Die Aussage der Geschichte ist sehr bedenklich. Was eigentlich viel zu diplomatisch formuliert ist. Passt aber irgendwie doch zum Land.

    Wahnsinn bei Individuen ist selten, aber in Gruppen, Nationen und Epochen die Regel.

  • Die Aussage der Geschichte ist sehr bedenklich. Was eigentlich viel zu diplomatisch formuliert ist. Passt aber irgendwie doch zum Land.

    Ja, wenn man solche Geschichten liest mit denen kleinen Kindern Wertvorstellungen vermittelt werden wird vieles auf den Philippinen klar!


    In Deutschen Märchen wird böses Verhalten am Ende in aller Regel bestraft.

    Hier werden die Eltern am Ende noch für Ihr Verhalten belohnt denn das Kind welches sie umbringen wollten kommt mit viel Geld zurück.

    Auch eine Entschuldigung oder Bitten um Vergebung findet Seitens der Eltern nicht statt!


    Auch die Überlegung das eigene leibliche Kind lieber heimlich umzubringen und einen Unfall vorzugeben anstatt es zu verstoßen weil dies ein schlechtes Image bei den Nachbarn zur Folge haben koennte erscheint absurd!


    Ich möchte allerdings hinzufügen dass diese Geschichte nicht aus dem Schulunterricht an mich gelangte sondern aus der Kinderbuchabteilung des National Bookstore!



    LG Carabao

  • Wie findet Ihr die Story?

    Typisch philippinisch.

    Die Kurzform liest sich irgendwie wie ein "frueher Verfassungsentwurf von utang na loob". :D


    edit:

    bringen wir die Moral von der Geschicht mal in die Moderne bzw. in die reale Welt:

    ein Bekannter von mir wurde vor ein paar Jahren von seinen Eltern vor die Entscheidung gestellt "entweder du gehst nach Saudi als OFW und schickst Geld nachhause, oder du packst deine Sachen und ziehst aus."


    Tja, was meint ihr wie die Geschichte aus- bzw. weitergegangen ist... :floet


    wenn man solche Geschichten liest mit denen kleinen Kindern Wertvorstellungen vermittelt werden wird vieles auf den Philippinen klar!

    Meine Rede!


    Manchmal Sehr oft habe ich den Eindruck, dass auf den Phils eher den Eltern als den Kindern Fabeln wie z.B. der Struwwelpeter oder die Geschichte vom Krampus vorgelesen werden sollten.

    Meditieren ist immernoch besser als rumsitzen und nichts tun

  • bringen wir die Moral von der Geschicht mal in die Moderne bzw. in die reale Welt:

    ein Bekannter von mir wurde vor ein paar Jahren von seinen Eltern vor die Entscheidung gestellt "entweder du gehst nach Saudi als OFW und schickst Geld nachhause, oder du packst deine Sachen und ziehst aus."

    Tja, was meint ihr wie die Geschichte aus- bzw. weitergegangen ist...

    Natuerlich ist er nach Saudi gegangen und schickt seitdem fleissig! :D


    Ich habe mich oft schon gefragt warum sich viele Filipinas von ihren Eltern so knechten lassen. Irgendwo in die naechste Stadt oder nach Manila zum Arbeiten in irgendwelche Drecksjobs geschickt von wo aus sie bereitwillig jeden Peso zu ihren Eltern schicken.

    Ich kenne einen Fall da hat eine Maid schon seit Monaten hoellische Zahnschmerzen aber anstatt ihr Gehalt eines Monats mal dafuer zu nutzen zum Zahnarzt zu gehen leidet sie weiter und schickt lieber jeden Monat alles Geld nach Hause weil sie ihre Family so much liebt!


    Wenn man von Kindesbeinen mit solchen Fabeln grossgeworden ist verwundert es nicht dass die Kinder unterwuerfig jedes Leid fuer ihre Eltern auf sich nehmen auch wenn sie von denen nur wie Dreck behandelt werden und keinerlei Dankbarkeit dafuer gezeigt wird!

    Ich habe den Eindruck dass viele KInder oft umso mehr fuer ihre Eltern tun je schlechter sie von denen behandelt werden! Das verzweifelte Buhlen um Liebe mit der monatlichen Geldueberweisung!


    LG Carabao

  • Wenn man von Kindesbeinen mit solchen Fabeln grossgeworden ist verwundert es nicht dass die Kinder unterwuerfig jedes Leid fuer ihre Eltern auf sich nehmen auch wenn sie von denen nur wie Dreck behandelt werden und keinerlei Dankbarkeit dafuer gezeigt wird!

    Ich habe den Eindruck dass viele KInder oft umso mehr fuer ihre Eltern tun je schlechter sie von denen behandelt werden! Das verzweifelte Buhlen um Liebe mit der monatlichen Geldueberweisung!

    Das sehe ich ganz aehnlich!


    Deswegen gibt es bei meinen (kleineren) Kids auch noch den Struwwelpeter und den Krampus - und ganz gegensaetzlich dafuer eine Menge Liebe und Support in allen Belangen, anstatt von Forderungen weil ich mir spaeter einen faulen Lenz auf Kosten meiner Kinder machen moechte.


    Sowas widerstrebt mir absolut!

    Die eigenen Kinder ausnutzen weil man selbst (als ganze erwachsene Gessellschaft sag ich jetzt sogar) zu faul dafuer ist selbst zu Lebzeiten etwas auf die Beine zu stellen (das boese boese Government und "help me, no choice" weil 3rd world country, ja ja ja...).


    Auch auf den Phils KANN man als Familie oder Familien-Ernaehrer etwas auf die Beine stellen - und wenn es einfach waere dann wuerde es von selbst geschehen, aber genau diesen Kurs des Nichts-tuens schlaegt man eben lieber als erstes ein.....

    "Einfach" ist es auch im Westen nicht - aber da scheint halt nicht immer die Sonne... :D



    Also mit diesem "utang na loob" haben meine Kinder absolut nix am Hut und werden sie auch niemals haben - und das ist gut so.



    edit:

    nach meinem (nicht zwingend "westlichen") Hausverstand macht man das so, dass die Generation 1 (also ich) etwas aufbaut wovon die Generation 2 (meine Kinder) und vielleicht sogar 3 (Enkelkinder) profitieren/zaehren kann.

    Nach dem phil. Hausverstand macht die Generation 2 also die Kinder etwas wovon die Generation 1 profitieren kann.

    Das heisst es werden nur bestehende "Demands" gedeckt und es wird nach hinten geblickt anstatt nach vorne!


    Das wuerde ja noch funktionieren wenn "utang na loob" bedeuten wuerde, dem alten Papa oder der alten Mama mal einen Sack Reis zu bringen oder fuer sie hin und wieder zu kochen, oder Pflege etc. pp. - allerdings nein: "utang na loob" bedeutet absolute Aufopferung und vor allem finanzielle (utang) Hilfe, zu 100%.


    Das ist familientechnisch zwar alles sehr romantisch, wirtschaftlich ist das allerdings (m.M. nach) nicht!

    Und dann braucht man sich auch nicht zu wundern wenn keiner wirklich Gewinn erwirtschaften kann oder will - denn schlussendlich geht eh alles an die Eltern und selbst hat man nix, also keine wirklichen Zukunftsperspektiven.

    *seufz*


    (sorry fuer's edit, ich musste noch einen kleinen Senf los werden :) )

    Meditieren ist immernoch besser als rumsitzen und nichts tun

    Einmal editiert, zuletzt von level4 ()

  • Hi Carabao.


    Du hast freundlicher Weise dieses Maerchen verlinkt u. als alter Maerchenleser hab ich es gelesen....

    nur kann ich Deine Schlussfolgerungen nicht nachvollziehen.

    ...the family's property had all been sold to buy food for the boy. Day after day they became poorer and poorer...

    heisst fuer mich, dass sie, die Eltern, alles fuer ihren Sohn gaben.

    Dass die Eltern die Faehigkeiten ihres Sohnes nicht fuer sich u. ihn selbst einsetzen konnten (...was very strong and very kind-hearted.)

    das erfaehrt der Leser leider nicht.

    Einmal waechst er in einer Stadt (..leader of the other boys of the town.) auf, einmal in einem kleinen Dorf (..he had left his little village..)

    da hat der Maerchenaufschreiber wohl nicht nachgefragt...

    Als nach bestandenen Abenteuer Carancals Eltern als cruel parents bezeichnet werden ??? Ok, dass der Vater ihn erst mal auf recht unorthodoxe Weise loswerden wollte, zeigt seine Unfaehigkeit, die Situation der Familie zu ergruenden, waehrend seine Mutter den pragmatischen Weg, aus den Augen, aus dem Sinn, den Vorrang gibt. Doch dies geschieht m.E. nicht aus Grausamkeit, sondern aus Armut, Unvermoegen u. verbogener christlicher Glaubensvorstellung (for we asked God for him. wo sind da die they even asked the witches geblieben).


    Auch in deutschsprachigen Maerchen werden Kinder aus Armut in die Welt geschickt u. dass ein Maerchenheld nicht heiraten moechte, spiegelt seine Weit- u. Einsicht in einem Land der Ueberbevoelkerung wider!


    Eigentl. ein schoenes Maerchen - the story of carancal. :hi

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    Thank you for your understanding!

  • Du hast freundlicher Weise dieses Maerchen verlinkt u. als alter Maerchenleser hab ich es gelesen....

    nur kann ich Deine Schlussfolgerungen nicht nachvollziehen.

    ...the family's property had all been sold to buy food for the boy. Day after day they became poorer and poorer...

    heisst fuer mich, dass sie, die Eltern, alles fuer ihren Sohn gaben.

    HI Wilur,


    vielen Dank fuer Dein Posting und dass Du dieses doch recht lange Maerchen gelesen hast!


    Ja, ueber den Punkt welchen Du angesprochen hast hatte ich auch nachgedacht. Es klang erst einmal in der Tat so, dass die Eltern alles fuer den Jungen getan haben. Aber warum aenderte sich dann in dem Maerchen die Einstellung und man wollte den Jungen nicht nur vorstossen sondern schritt sogar zur Tat ihn umbringen zu wollen? Wer sein Kind liebt tut dies nicht, ganz gleich welche Belastungen mit dem Grossziehen verbunden sind!


    Nach Deiner Interpretation der guten Eltern haette das Maerchen so weitergehen koennen, dass Carancal eines Tages alt genug war und von den verarmten Eltern in die weite Welt hinauszog von wo er dann am Ende der Geschichte mit viel Geld zurueckkam um sich bei seinen Eltern fuer ihre Aufopferung zu bedanken!


    Aber so geht das Maerchen nicht weiter, sondern die Eltern wollen ihn umbringen und spaeter dann als dies nicht klappte, verstossen! Auch in dem Maerchen werden die Eltern ja als cruel, grausam bezeichnet!


    Die von Dir angesprochene Textpassage habe ich also eher so interpretiert dass einerseits ein sachlich schluessiger Grund beschrieben werden musste warum die Eltern ihren Sohn umbringen wollen, andererseits den lesenden Kindern als Wertvorstellung verdeutlicht werden soll, dass sie so wie Carancal gegenueber ihren Eltern eine Schuld tragen. Schliesslich kostet das Grossziehen jedes Kindes den Eltern erst einmal viel Geld ohne dass ihr Kind dafuer eine materielle Gegenleistung erbringen kann.


    Aber ich finde es klasse, dass wir hier nun im Forum dabei sind Maerchen aus Philippinischen Kinderbuechern zu analysieren und zu interpretieren! Das hatten wir hier bisher noch nicht! :thumb



    LG Carabao

  • Ich interpretiere die Geschichte anders..


    Carancal war verflucht, verstoßen, arm und winzig und hat es unter den schlechtesten Vorraussetzungen, ganz allein, doch zu etwas gebracht...


    Dass er am Ende zu den Eltern geht und ihnen „hilft“, obwohl sie ihn verstießen, zeugt von typisch märchenhaftem Großmut.

    I believe that Manila can be a reflection of your state of mind. Being a city of extreme contrasts it's easy to see how it can become an intense personal experience. Manila can be chaotic and spiritual, dirty and divine, gritty and gorgeous all at once. If you don't find beauty and poetry here, you will never find it anywhere. - Carlos Celdran

  • Ich interpretiere die Geschichte anders..


    Carancal war verflucht, verstoßen, arm und winzig und hat es unter den schlechtesten Vorraussetzungen, ganz allein, doch zu etwas gebracht...

    Ja, auch das ist natuerlich ein Teil der Message dieser Geschichte. Auch jemand der benachteiligt ist, weil klein, schwach, arm, vermeintlich haesslich etc. etc. kann es zu etwas bringen. Kennt man ja auch von vielen europaeischen Maerchen und Geschichten.

    Da sich diese Message nicht oder kaum von Deutschen Maerchen unterscheidet habe ich es bei der Interpretation ausser Acht gelassen.

    Interessant war fuer mich wo sich das Maerchen kulturell von Deutschen Maerchen unterscheidet.



    Dass er am Ende zu den Eltern geht und ihnen „hilft“, obwohl sie ihn verstießen, zeugt von typisch märchenhaftem Großmut.

    Das sehe ich anders.

    Ich kenne kein Deutsches Maerchen in denen die Eltern ihr Kind umbringen wollen und das Kind am Ende zu den grausamen Eltern grossmuetig zurueckkommt.

    Helfe mir bitte auf die Spruenge!

    In Deutschen Maerchen gibt es zwar Aehnliches wobei meist eine boese Stiefmutter beteiligt ist, aber sie wird in der Regel am Ende verbrannt, rastet vor Wiut aus oder verschwindet!



    LG Carabao

  • Lies mal „Tischlein deck dich“ von den Gebrüdern Grimm.

    Hier jagt der Vater seine Söhne wegen der Aussage einer Ziege davon.

    Alle 3 kommen unabhängig voneinander zurück und wollen den Vater reich machen.

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  • Carabao

    Genau. In deutschen Märchen ist es die böse Stiefmutter. Und der Vater erweist sich oft als zu schwach, seinen Mann zu stehen und sich gegen seine Frau und vor seine Kinder zu stellen.

    Bei dem Märchen von Carancal fällt mir eine philippinische Eigenheit auf: Die Bedeutung des Gesichtsverlustes. Daher ist es "schlimmer" das Kind wegzuschicken, als es, ohne dass jemand es mitbekommt, zu töten. Das Märchen ist also ein schönes Beispiel für den Unterschied zwischen einer Schamkultur. Und einer Schuldkultur. Die Philippinen sind eine Schamkultur. Deutschland ist eine Schuldkultur. Auf den Philippinen ist der Blick der Anderen der Massstab. In Deutschland ist das Gewissen der Massstab. Die Theorie von Schuld- versus Schamkultur kann übrigens vieles erklären.


    Nebenbei gesagt sehe ich Schuld eher als eine Männersache an. Und Scham eher als eine Frauensache. Das ist ein weites Feld. Kann aber auch vieles erklären. Meine Hypothese ist übrigens auch, dass die Philippinen deswegen als Kultur so schwach sind, was Wirtschaft, Recht und Institutionen anbelangt, weil sie in ihrer Kultur einem eher weiblichen Prinzip folgen. Die Macho Kultur ist dazu kein Gegensatz. Aber es würde zu weit führen, hier mehr als dies zur Anregung für den empfänglichen Leser zu posten. Alle anderen mögen bitte erwägen, sich ausserhalb des Forums wieder einzukriegen, wenn sie mein Post zu sehr erregt.

  • Lies mal „Tischlein deck dich“ von den Gebrüdern Grimm.


    Es gibt bei "Tischlein Deck Dich" 3 entscheidende Unterschiede zur Geschichte von Carancal.


    1. Die Eltern von Carancal wollten ihn ja nicht nur verjagen wie der Vater in "TDD", sondern haben mehrere Mordversuche unternommen die Carancal nur wegen seiner grossen Kraefte ueberlebte! Zwischen sein eigenes Kind "aus dem Haus jagen" und es toeten zu wollen liegt ein riesiger Unterschied.


    2. Der Vater in "Tischlein Deck Dich" hat seine Soehne aus dem Haus gejagt weil er davon ausging, dass sie ihn angelogen haetten. Es gab hier also eine vermeintliche Verfehlung der Soehne die zur Bestrafung durch den Vater fuehrte.

    Carancal hingegen hat sich gegenueber seinen Eltern nicht Fehl verhalten und es gab auch kein diesbezuegliches Missverstaendnis so wie bei "Tischlein Deck Dich". Es gab also weder einen Grund noch einen vermeintlichen Grund ihn zu bestrafen! Er war halt nur immer sehr hungrig.


    3. Ganz entscheidend! Bei "Tischlein Deck Dich" hat der Vater schon am naechsten Tag seinen Fehler gemerkt und so wie es in dem Maerchen steht bereut, dass er seine Soehne zu Unrecht aus dem Haus gejagt hat. Nach unserem Moralverstaendnis ist ehrliche Reue oder Entschuldigung auch Voraussetzung dafuer jemandem zu vergeben oder zu verzeihen.


    Davon habe ich jedoch bei den Eltern von Carancal nichts gelesen!!


    Als Carancal nach dem ersten Mordversuch wieder zu Hause erschien steht zwar:


    "The father could not move or speak, for shame of himself"

    .

    Dies hinderte ihn jedoch nicht daran am naechsten Tag den naechsten Mordversuch zu starten!


    Nach meiner Ansicht hinkt deshalb also der Vergleich zu "Tischlein Deck Dich"!



    LG Carabao

  • Es gibt bei "Tischlein Deck Dich" 3 entscheidende Unterschiede zur Geschichte von Carancal.


    1. Die Eltern von Carancal wollten ihn ja nicht nur verjagen wie der Vater in "TDD", sondern haben mehrere Mordversuche unternommen die Carancal nur wegen seiner grossen Kraefte ueberlebte! Zwischen sein eigenes Kind "aus dem Haus jagen" und es toeten zu wollen liegt ein riesiger Unterschied.

    1. Das haben Eltern in anderen deutschen Märchen auch. Nur ist es bei Grimms tatsächlich immer die Stiefmutter und der Vater macht mit, wie bei Haensel und Gretel, die am Ende auch zurückkehren.


    Gibt es auf den Philippinen eigentlich Stiefmütter? Ich glaube nämlich es gibt in der Regel nur Stiefväter.


    Die Konstellation Frau stirbt oder ist weg und Kinder bleiben beim Vater der wieder heiratet gibt es die auf den Phils?


    Der Auftrag der Geschichte, die ich eigentlich ganz gut finde, ist es Carancal in eine möglichst schlechte Ausgangslage zu versetzen damit er nachher umso mehr Held sein kann. Die Eltern sind nur dazu da die Stärke des Protagonisten zu unterstreichen.


    2. Der Vater in "Tischlein Deck Dich" hat seine Soehne aus dem Haus gejagt weil er davon ausging, dass sie ihn angelogen haetten. Es gab hier also eine vermeintliche Verfehlung der Soehne die zur Bestrafung durch den Vater fuehrte.

    Carancal hingegen hat sich gegenueber seinen Eltern nicht Fehl verhalten und es gab auch kein diesbezuegliches Missverstaendnis so wie bei "Tischlein Deck Dich". Es gab also weder einen Grund noch einen vermeintlichen Grund ihn zu bestrafen! Er war halt nur immer sehr hungrig.

    2. In erster Linie hat er sie aus Hungersnot aus dem Haus gejagt, sowie die Eltern von Carancal auch.


    3. Beide Eltern haben aus "Not" gehandelt, beides, wie bei den meisten bösen Eltern in den Märchen, ist trotzdem durch nichts zu rechtfertigen.


    Märchen und Fabeln sollen meist eine bestimmte Message überbringen (und die ist bei Carancal eine andere als die, auf die du dich fokussierst), dafür werden mit einfachen und leicht verständlichen Mitteln alle Umstände passend gelegt. Weil es oft um Kinder geht, sind auch die Eltern meist beteiligt.


    Da es sich um eine Geschichte aus einem anderen Erdteil handelt, gibt es durchaus Unterschiede in den Handlungsabläufen, ich finde diese aber, im Vergleich zu alten deutschen Märchen, nicht so dramatisch wie du sie darstellst.

    I believe that Manila can be a reflection of your state of mind. Being a city of extreme contrasts it's easy to see how it can become an intense personal experience. Manila can be chaotic and spiritual, dirty and divine, gritty and gorgeous all at once. If you don't find beauty and poetry here, you will never find it anywhere. - Carlos Celdran

  • Nach Deiner Interpretation der guten Eltern haette das Maerchen so weitergehen koennen, dass...

    ...weiss auch nicht wie es weitergegangen waere...



    fuer mich ist das Erstaunliche an diesem Teil der Geschichte, dass die Eltern von Carancal zuerst alles geben u. dann, als die Teller leer bleiben, nur noch die beiden Varianten – Verbannung oder Tod – in betracht gezogen werden.

    Eigentlich haetten die Eltern schon nach dem 1. Mordanschlag die aussergewoehnlichen Kraefte Carancals erkennen u. mit ihm zusammen was fuer den gemeinsamen Lebensunterhalt aufziehen koennen (z.B. Transportwesen, Kraeftemessen bei Fiestas, Leibgardist bei einem Fuersten....).

    Dies ist eben nicht passiert!

    Dann die Frage die sich mir stellt: Wie sind die Eltern gestrickt? Es laeuft alles soweit rund, bis nichts mehr auf den Tellern ist. Ursache der leeren Teller – der 'Fressack' Carancal – u. der muss weg. Egal wie! (ist ein sehr einfaches egoistisches Weltbild, gedankenleer u. gefuehllos – m.E. folgen noch heute viele Pinoys/Pinays so einer Wertevorstellung.)


    Also ein Teil der Moral von der G'schicht:

    1. friss deinen Eltern nicht die Haare vom Kopf, denn Hunger macht egoistisch u. grausam.
    2. der Selbsterhaltungstrieb der Erzeuger ist staerker als die Kindsliebe.
    3. Verbannung entwickelt deine Eigenschaften noch staerker.


    Das schoene an solch einem Maerchen ist, dass es grenzenlosen Interpretationsspielraum bietet.


    In diesem Sinne:hi:hi:hi

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    Thank you for your understanding!

  • ist ein sehr einfaches egoistisches Weltbild, gedankenleer u. gefuehllos – m.E. folgen noch heute viele Pinoys/Pinays so einer Wertevorstellung.

    So sehe ich es auch! Waehrend Carancal sehr wohl Gefuehle gegenueber seinen Eltern zeigt als er aus dem Haus geschickt wird werden die Eltern ihrem Kind gegenueber als voellig gefuehllos beschrieben.

    Anders als bei "Tischlein Deck Dich" wo der Vater das Gefuehl der Reue zeigt!

    Auch als Carancal nach dem ersten Mordversuch zurueckkam schaemte sich der Vater nicht vor seinem Sohn fuer seinen Mordversuch sondern nur vor sich selber!


    dafür werden mit einfachen und leicht verständlichen Mitteln alle Umstände passend gelegt.


    Populaere Maerchen sind deswegen populaer weil sie insgesamt der jeweiligen Kultur angepasst schluessig erscheinen.

    Waere es ein Deutsches Maerchen wuerde sich wohl jeder Leser fragen warum Carancal nach all dem was geschehen ist zu diesen Eltern zurueckgeht welche ihn so grausam behandelt haben! Fuer die Schluessigkeit waere es also erforderlich dafuer eine Erklaerung wie Reue zu formulieren.


    Auch wird Carancal am Ende bei seinen Eltern nicht aus Liebe wieder aufgenommen, sondern:


    "This time his parents did not drive him away, for he had much wealth."


    Sie haben ihn also, ganz klar formuliert, NUR deswegen nicht wieder weggeschickt weil er nun viel Vermoegen hatte.



    Wie Wilur schon zu Recht schrieb erlebt man diese Denkweise auch heute noch oft auf den Philippinen! KInder versuchen sich Liebe oder Aufmerksamkeit ihrer Eltern mit Geld zu erkaufen!



    LG Carabao



  • Die Liebe des Kindes zu seinen Eltern ist biologisch angelegt und sichert das Überleben des Kindes. Eine gleiche LIebe der Eltern zum (etwas älteren) Kind gibt es nicht. Darum lieben Kinder auch Eltern, von denen sie misshandelt werden. Viele Kulturen nützen dieses naturgegebene Gefühl zu ungunsten des Kindes aus ("Du sollst Vater und Mutter ehren"). Das ist nicht nur auf den Philippinen so. Dort ist es nur krasser. Hat man von Kindesbeinen an gelernt, einer Autorität bedingungslos zu geben und sich ausbeuten zu lassen, dann stellt man auch später im Leben Ausbeutung durch Autoritäten nicht infrage. Das ist politisch-kulturell doch erwünscht.

  • Die Liebe des Kindes zu seinen Eltern ist biologisch angelegt und sichert das Überleben des Kindes. Eine gleiche LIebe der Eltern zum (etwas älteren) Kind gibt es nicht. Darum lieben Kinder auch Eltern, von denen sie misshandelt werden. Viele Kulturen nützen dieses naturgegebene Gefühl zu ungunsten des Kindes aus ("Du sollst Vater und Mutter ehren"). Das ist nicht nur auf den Philippinen so. Dort ist es nur krasser. Hat man von Kindesbeinen an gelernt, einer Autorität bedingungslos zu geben und sich ausbeuten zu lassen, dann stellt man auch später im Leben Ausbeutung durch Autoritäten nicht infrage. Das ist politisch-kulturell doch erwünscht.

    Das trifft so ziemlich den Nagel auf den Kopf und ist ja tatsächlich auch sehr schwer aus den Köpfen der meisten Filipinos herauszubekommen!

    Demokratie ist eine Einrichtung, die es den Menschen gestattet, frei zu entscheiden, wer an allem schuld sein soll :hi