Quarantäne... Das hört sich erstmal nach "man sitzt zu Hause und guckt Netflix leer" an. Pustekuchen. Arbeitsplatz IT einer mittelgroßen Universität. 90% der IT-Belegschaft im mobilen Arbeiten, um eine Ansteckung - sollte sie eingeschleppt werden - zu unterdrücken. Die Notwendigkeit die IT am Laufen zu halten, damit der Rest arbeiten kann, hat man verstanden.
Arbeiten bedeutet derzeit, kein Arbeitstag unter 10 Stunden. Am Wochenende werde ich mich noch stundenweise um Stellenausschreibungen und Liegengebliebenes kümmern dürfen. Meine Kollegen, die gesamte IT, beutet sich im Home Office aus, um das, was zwei Jahrzehnte ein Steckenpferd von einigen wenigen Dozenten war, nun auf die gesamte Einrichtung auszuweiten: Online Vorlesungen in diversen Formaten für alles ab Vorlesungsstart auf den sich die KMK ab 20.04. verständigt hat.
Viele Lehrende ziehen mit, gehen Kompromisse ein, liefern eigene Beiträge, unterstützen. Das macht Spass. Ob das eh schon doppelt belastete Internet zuckt, wenn ab 20.04. alle Studierenden online die Vorlesungen besuchen?
Kein Spaß ist das Home Office. Kein eigener Raum, eine Winzecke am Esstisch. Der Weg zur Arbeit ist einmal auf der Bank nach rechts rutschen, mittags mal schnell nach links gerutscht, Kalorienaufnahme. Essen ist das nicht. Meine Liebste kocht wie immer sehr gute Sachen, merke aber auch, die Situation dass ich arbeiten muss belastet sie. Immerhin, täglich Mittag zu zweit daheim. Doch der Kollege braucht Unterstützung aus mehreren Abteilungen. Ist dringend, Termine sowieso knapp bei all den Dingen die gerade parallel gemacht werden. Videokonferenz, bat er. Kam zur Unzeit, parallel mit dem Smartphone in ein Status-Meeting per Videokonferenz eingewählt, mit dem Knopf im Ohr den Zeitpunkt des eigenen Berichts erhört. Die Liebste klappert mit dem Geschirr. Bei einem anderen Kollegen will die dreijährige an den PC. Geht jetzt nicht, Papa muss arbeiten (Mama nicht daheim).
Parallel macht der Messenger auf mehreren Kanälen auf sich aufmerksam. Gut, dass angezeigt wird, in welchem Kanal jemand eine Nachricht an mich adressiert hat. Die werden immer gelesen, die anderen zum Kaffee. Nebenbei wird noch telefoniert, es wird mehr telefoniert als sonst. Der Abstimmungsbedarf ist gewaltig. Manchmal fühlt man sich dennoch von Kommunikation abgehängt. Verrückt, alle Kanäle werden bespielt aber es ist eben doch was anderes wenn man wie früher mal schnell den Flurfunk abhören konnte oder wie jetzt im mobilen Arbeiten daheim sitzt. E-Mails werden früh am nächsten Morgen und Abends zum Feierabend abgearbeitet.
Dann Einkaufen, schnell zwischen den ganzen wie die Untoten wirkenden durch die Gänge hasten und das Nötigste zusammenklauben. Kein Klopapier. Aha, noch immer wird gehamstert. Keine Zeit dazu. Noch um den Block laufen, den Arbeitstag gedanklich abschliessen. Leere Straßen, seit Wochen wie ein langer Sonntag da draußen. Zu Hause noch Corona-Zahlen nachschauen, deswegen ja dieser ganze Stress. Die Liebste guckt Netflix, ich kann keinen Bildschirm mehr sehen. Schlafen und früh aufstehen. Hoffentlich finden sie bald eine Behandlung, ich will wieder ins Büro.