Nach einer erholsamen Nacht und einem saettigenden Fruehstueck beladen wir die XR 200 und checken aus. Der Himmel sieht trüb aus und kuendigt Regenschauer an. Aber es hilft alles nichts. Wir haben Samstag, und ich will unbedingt heute noch in Roxas eine Honda Vertretung aufsuchen, um nach dem Vergaser und der Zuendung unserer Maschine sehen zu lassen. In Deutschland wuerde man wohl Fachwerkstatt dazu sagen, aber soweit will ich hier in der philippinischen Provinz nicht gehen.
Wie befürchtet, beginnt es bereits an der Ortsgrenze Sabangs zu regnen. Zwar anfaenglich nur leicht, aber in Verbindung mit dem noch immer im mittleren Drehzahlbereich ungesund ruckelnden Motor eine unschoene Kombination. Nach einigen Kilometern wird der Regen stärker, und wir sind gezwungen anzuhalten, wollen wir nicht völlig durchnässt werden. Bei einem Sari Sari Store mit Sitzgelegenheit und Dach halten wir an und warten ab.
Mitunter lassen die Schauer etwas nach, und es scheint heller zu werden. Die einzelnen Phasen dauern aber immer nur wenige Minuten, und bevor wir uns startklar machen können, beginnt bereits wieder der nächste stärkere Regenguss. So vergehen die Minuten und als es nach etwa einer dreiviertel Stunde tatsächlich besser zu werden scheint, beschließen wir weiter zu fahren. Wir haben noch etwa 120 Kilometer bis Roxas vor uns und nass sind wir sowieso schon. Zudem ist unser Gepäck weitestgehend wasserdicht in entsprechenden Behaeltnissen verpackt, Ergebniss von negativen Erfahrungen, die wir bei unserer letzten Tour machen mussten. Was das Fahren anbelangt, geht es aufgrund der glitschigen Straßen langsamer vorwärts als zuvor. Allerdings habe ich "schalttechnisch" dazugelernt. Das Stottern des Maschine an Steigungen macht sich zwar noch immer bemerkbar, aber der Motor tut sich jetzt leichter als die Tage davor. Die Regenpause war uebrigens nur von kurzer Dauer. Als wir nach fast zwei Stunden bei Salvacion den Highway erreichen, sind wir nass bis auf die Knochen und noch immer regnet es leicht. Es hat bestimmt auch jetzt noch etwa 26 Grad, dennoch frieren wir aufgrund der Nässe und des Fahrtwinds gewaltig. Es ist jetzt etwa 11 Uhr und noch immer liegen 100 km bis Roxas vor uns.
Fünfzehn Minuten später zeigt sich dann erstmals an diesem Tag die Sonne. Eine weitere Viertelstunde und die Straße ist fast abgetrocknet. Auch uns ist wieder wärmer geworden, wenn auch unsere Kleidung noch feucht ist. Der Highway verläuft jetzt meist direkt am Meer entlang und gibt immer wieder fantastische Ausblicke auf Strände und vorgelagerte Inseln frei.
Die Strecke weißt anfänglich nur geringe Steigungen auf und wird erst auf den letzten 30 Kilometern hügeliger. Dies sind dann auch die schoensten Abschnitte. Viele Kurven, kurze moderate Steigungen und Gefaelle sowie Buchten mit grün-blau leuchtendem Wasser sind Hoehepunkte, die jedes Motorradfahrer-Herz hoeher schlagen lassen. Gegen 12.45 Uhr erreichen wir schließlich Roxas. Die Honda Vertretung ist schnell gefunden und man willigt ein, unseren Notfall dann auch tatsächlich noch kurzfristig "einzuschieben", wenn auch erst nach dem Mittagessen.
Also lassen wir die Honda vor Ort und suchen selbst nach etwas Essbarem, was wir dann auch bei einem Vietnamesen finden. Als wir nach einer guten Stunde zurueckkehren, ist die Werkstatt noch immer verwaist. Nach weiteren 30 Minuten kommt der "Meister" dann aber doch zurück und macht sich ans Werk. Meinen Hinweis, daß ich etwas am Vergaser vermute, nimmt er zwar zur Kenntnis, glaubt dann aber bei einem ersten Probelauf, den Fehler in verunreinigtem Benzin gefunden zu haben. Der dem Auspuff entstroemende Verbrennungsgeruch deute ganz darauf hin. Wahrscheinlich sei der von uns zwei Tage zuvor in Napsan in einer Spriteflasche gekaufte Treibstoff "nicht ganz sauber" gewesen. Da mir die Gegenargumente fehlen, wird erst einmal das ganze Benzin aus Tank (waren sowieso nur noch 2 Liter drin) und Vergaser entfernt. Nachdem fünf frische Liter aus der naechsten Caltex Tanke nachgefuellt und der Vergaser einer Grundreinigung unterzogen wurde, erfogt ein erster Testlauf. So richtig gut klingt der Motor aber noch nicht, weshalb nochmals der Vergaser zerlegt wird. Gleichzeitig spendiere ich aus meinen Ersatzteilbestaenden eine neue Zuendkerze. Ein weiterer Probelauf klingt etwas besser, ohne freilich eine wirkliche Aussagekraft zu besitzen. Eine Leerlaufphase entspricht eben nicht dem Fahren unter Last, insbesondere dem Erklimmen laengerer Steigungen. Da sich der "Meister" wachstumsbedingt nicht in der Lage sieht, eine so hochbeinige Maschine zu chauffieren, fällt die Rolle des Testfahrers mir zu. Leider ist es innerhalb des Stadtgebiets von Roxas relativ flach. Die Probefahrt verläuft deshalb ohne eindeutiges Ergebnis. Ich beschleunige die Maschine auf der stadtauswaerts fuehrenden Hauptstraße kurzzeitig auf 70-80 Stundenkilometer. Dann ist aufgrund des innerstädtischen Verkehrs erst einmal Schluß. Die Gasannahme ist gut. Dennoch bin ich skeptisch, was das Fahren unter Last betrifft.
Obwohl ein ungutes Gefuehl bleibt, muessen wir weiter, wollen wir heute noch den 14 Kilometer langen Long Beach, den längsten Sandstrand der Philippinen, bei San Vicente, erreichen. Wir befestigen den Tankrucksack sowie die Packtaschen, die wir vor der Inspektion des Motorrads abgenommen hatten und fragen nach der Rechnung. Was deren Höhe anbelangt habe ich keine rechte Vorstellung. Immerhin war der "Werkstattmeister" (ein Geselle war übrigens nicht zu sehen) ca. 90 Minuten zu Gange. Wenn ich deutsche Verhaeltnisse zugrunde legen wuerde, kaeme ich sicher auf einen Rechnungsbetrag im Bereich von etwa 85 EUR oder aber 4.350 Peso. Klar wird es hier deutlich billiger sein, denke ich noch, als mir die Rechnung in die Hand gedrückt wird. Zuerst glaube ich noch an einen Schreibfehler. Dann aber höre ich es aus des Meisters Mund hoechstselbst. Hundert philippinische Peso oder knapp 2 EUR will man haben fuer ca. 1,5 Stunden Arbeit. Ich staune nicht schlecht und gebe dem Meister ein fettes Trinkgeld in gleicher Höhe. Vielleicht haette ich es nicht gemacht, wenn ich das Ergebnis der Bemühungen des Honda Fachpersonals zu diesem Zeitpunkt bereits gekannt haette.
Die Straße von Roxas in Richtung Taytay beginnt einige Kilometer ausserhalb der Stadt leicht anzusteigen. Insgesamt könnte man die Strecke bis zur etwa 20 Kilometer entfernten Abzweigung in Richtung San Vicente als "hügelig" bezeichnen. Und was soll ich sagen? Der geneigte Leser wird es wahrscheinlich schon erahnen. Das Fahrverhalten der XR 200 ist mehr oder weniger unveraendert. Sobald es bergan geht und Beschleunigen im mittleren Drehzahlbereich gefordert ist, ruckelt und stottert es gewaltig. Ist diese Phase aber erst einmal überwunden, dann geht es so leidlich dahin. Ich finde mich also notgedrungen mit der Situation ab und biege vom National Highway nach links, in Richtung Westkueste ab. Die Straße ist neu, ziemlich breit und scheint unter Berücksichtigung des momentanen Verkehrsaufkommens völlig ueberdimensioniert. Aber das liegt wohl daran, daß San Vicente mit seinem Long Beach seit Jahren bereits unter den Tourismusplanern als das zweite Boracay gehandelt wird. Offensichtlich versucht man mit dem Straßenausbau diesem Ziel wieder ein Stück näher zu kommen. Die Strecke gestaltet sich im weiteren Verlauf ziemlich gebirgig und kurvenreich. An einigen Stellen wird noch gebaut. Die ueblichen Erdverwerfungen machen einzelne Abschnitte schwierig, insbesondere wenn es steil bergab geht und das Gewicht von Gepaeck und Personen die Fuhre zu Tal schiebt. Die letzten ca. 4 Kilometer vor San Vicente sind dann wieder "rough", also ohne festen Belag, was mir aber fast lieber ist als die Unberechenbarkeit der von Baumaschinen und Trucks hervorgerufenen "Verwehungen".
San Vicente präsentiert sich als kleiner Kuestenort ohne spektakuläre landschaftliche Hoehepunkte. Allein der kleine Hafen mit seinen zahlreich in den Wellen schaukelnden Booten sticht ein wenig hervor, vermittelt er doch beinahe ein wenig mediterranen Charme. Vom berühmten Long Beach ist weit und breit nichts zu sehen. Auf Nachfrage bzgl. einer Unterkunft schickt man uns zu einer wenig attraktiven, in Hafennaehe gelegenen Bleibe. Da wir uns eigentlich auf den als "endlos" beschriebenen Sandstrand gefreut hatten, fahren wir zunaechst weiter durch den Ort. Da, an einer Kreuzung sehe ich plötzlich eine Hinweistafel, die auf den "Long Beach" verweist. Ueberrascht sind wir, daß der Strand nicht im Ortsbereich von San Vicente, sondern erst ca. 4 Kilometer ausserhalb beginnen soll. Die Straße verlaeuft in nördlicher Richtung aus dem Stadtgebiet heraus und geht nach ca. einem Kilometer in eine Piste ueber. Abschnittsweise ist man dabei, die Strecke zu zementieren. Nach etwa 4 Kilometern weicht die Trasse schließlich einer schnurgerade verlaufenden, gut zu befahrenden Zementstraße. Diese zieht sich die folgenden etwa 10 Kilometer in einem Abstand von 200 m parallel zur Kuestenlinie dahin. Das Meer ist nur zu erahnen, da vom Strand zur Straße alles dicht mit Kokospalmen bewachsen ist. Die offensichtlich in einer Größe von 6-8 ha parzellierten Grundstücke sind alle eingezaeunt. Ab und an sind einfache Behausungen von Verwaltern zu sehen. Das Meer ist ueber Stichstrassen, die in Abstaenden von ca. 300-400 m zwischen den einzelnen Grundstücken verlaufen, zu erreichen. Offensichtlich haben sich Investoren reicher Clans des Landes hier bereits ihre "claims" gesichert, um dabei zu sein, wenn es dann mit den Touristen so richtig los geht. Momentan ist das aber bei weitem noch nicht der Fall.
Auf der ganzen Strecke sehen wir gerade mal ein einfaches Pension House, eine exklusive Clubanlage und zwei Hinweistafeln auf Resorts, deren Lage uns aber zunächst verborgen bleibt. Auf Nachfrage erklaert man uns schließlich den Weg zum "JuRiSu", der laut Aussage preiswerteren der beiden Unterkünfte. Dieses liegt gerade mal 100 m von der betreffenden Werbetafel entfernt, ist aber von der Straße aus nicht zu sehen. Warum man keinen Hinweispfeil auf das betreffende Schild gemalt hat, werden wir später den Resort-Manager fragen, aber keine schlüssige Antwort erhalten. Vor Ort zeigt man uns die Cottages und die zum gleichen Preis erhaeltlichen Bungalows. Beide sind identisch ausgestattet (Aircon, Satelliten TV) und sollen inklusive Fruehstueck 1.800 Peso kosten. Nach"harten" Verhandlungen gelingt es der Fee, den Preis auf 1.700 Peso "herunterzuzaubern". Wir entscheiden uns für die in Stein gemauerte Bungalow Variante, was sich nachträglich als Fehler erweist. Die aus landestypischen Materialien bestehenden Cottages wären sicher kuehler gewesen. So muessen wir erstmals seit langer Zeit mal wieder künstlich herabgekuehlte Luft atmen, was normalerweise überhaupt nicht unsere Sache ist.
Das dem Resort angegliederte Restaurant erweist sich als gut und nicht ueberteuert. Fuer ca. 700 Peso erhalten wir ein gutes Abendessen für zwei Personen inkl. zwei Bier und einen Fruchtsaft
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