Display MoreZum Thema Ehevertrag will ich kurz meine 5ct dazugeben
- Ein Ehevertrag kann man jederzeit beim Notar aufsetzen oder auch abändern lassen. Auch nach der Hochzeit. Allerdings müssen nach der Hochzeit beide Eheläute natürlich dem Vertrag bzw der Änderung zustimmen. Besser man klärt das vor der Hochzeit und wird sich einig.
- Der ausländische Ehepartnar muss die Vertragsinhalte verstehen können. Der Notar muss sich vorher davon überzeugen dass der Ehepartner ausreichende Deutschkenntnisse hat. Wenn dies nicht der Fall ist dann kann der Notar auf einen Dolmetscher bestehen. In dem Fall gibt es zwei verschiedene Vorgehensweisen, je nachdem wie der Notar die Sprachkenntnisse und Auffassungsgabe des Ehepartners einschätzt:
- a) Spricht der Ehepartner bereits gut deutsch, hat aber Schwierigkeiten bei manchen Wörtern und Redewendungen, dann darf der Ehepartner auch einen Freund oder Freundinn als Dolmetscher mitbringen. Dieser Dolmetscher muss natürlich a) deutsch können und b) die Sprache in der der Ehepartner die Übersetzung wünscht und am besten versteht. Das kann bei vielen Filipinos durchaus auch englisch sein. Der Dolmetscher darf mit dem deutschen Ehepartner nicht verwandt oder verschwägert sein. Es kann sein dass der Notar den Dolmetscher vor der Verlesung vereidigt, muss aber nicht. Es liegt in seinem Ermessen.
- b) Spricht der Ehepartner nicht gut deutsch und/oder hat auch keine eigenen Freunde seines Vertrauens die er als Dolmetscher hinzuziehen könnte, dann wird der Notar auf einen offiziellen vereidigten Dolmetscher bestehen.
- Ein Ehevertrag ist auch eine sehr emotional besetzte Angelegenheit. Insbesondere der philippinische part kennt vielleicht sowas gar nicht und wittert Misstrauen. Man muss frühzeitig mit seinem Partner darüber reden und die Umstände und Notwendigleit erklären. Ein Ehevertrag dient auch zum Schutz des philippinischen Partners vor Übervorteilung.
- Ein Ehevertrag ist absolut notwendig wenn z.B. der eine Partner über Grundbesitz und/oder Firmenvermögen verfügt. Der Zugewinnsausgleich könnte einen bei der Scheidung Haus und Hof kosten
- Ein Ehevertrag ist nach ständiger Rechtssprechung ungültig wenn er einen Ehepartner unverhältnissmäßig bevorteilt. Werden im Ehevertrag Regelungen zu Gunsten des deutschen Partners aufgeführt, so muss ein gewisser Nachteilsausgleich für den anderen Ehepartner erfolgen. Ein guter Anwalt oder der Notar berät diesbezüglich.
Beim Ehevertrag werden oft Regelungen zum Güterstand getroffen. Ohne Vertrag gilt automatisch die sogenannte Zugewinnsgemeinschaft. D.h., am Anfang der Ehe werfen beide alle ihre Aussteuer und Vermögensgegenstände in einen Topf. Dieser Wert gilt sozusagen rechnerisch als Anfangsbestand. Im Lauf der Ehe kauft man sich dann noch ein VW-Passat, einen Flatscreen-TV und legt ein gemeinsames Sparkonto an. Der Anfangsbestand des ehelichen Vermögens wächst also a bissl. Bei der Scheidung wird dann gerechnet: Endbestand - Anfangsbestand = Zugewinn. Im best-case wird der Wert des Passats und der übrigen Gegenstände festgestellt und durch zwei geteilt und gut ist. Jeder bekommt rechnerisch z.B. 10.000 EUR zugesprochen. Kein großes Ding, wenn der Mann den Passat behalten will und die Frau die Singer-Nähmaschine, dann müssen sich die beiden eben einigen und dann zahlt der eine oder der andere eben einen Ausgleich und gut ist.
Die Sache geht aber genau dann in die Hosen wenn der eine zu Ehebeginn z.B. über ein Grundbesitz und ein großes Haus verfügt in dem beide erst mal gechillt drinn wohnen.
Zu Ehebeginn war das Haus vielleicht 300.000 EUR wert. Aus irgendwelchen Gründen und hoher Nachfrage nach Immobilien steigt der Wert des Hauses in zwei Jahren auf 500.000 EUR. Jetzt kommt die Scheidung. Wie vorher im Beispiel berechnet sich der Zugewinn aus Endbestand- Anfangsbestand. Der Passat hat in den zwei Jahren bissl an Wert verloren, das Haus eher gewonnen. Alles zusammen ergibt sich ein Zugewinn von etwa 210.000 EUR der nun unter den zwei Eheleuten aufzuteilen ist. Also muss der Mann seiner Ex jetzt gut 100.000 Eur rüberschieben. Wo er die Kohle auftreiben soll ist sein Problem. Notfalls muss er halt sein Haus verkaufen.
Das gleiche passiert mit Firmenvermögen. Zu Ehebeginn hat der Mann vielleicht ne kleine Mechanik-Klitsche mit einer CNC-Bearbeitungsmaschine und ner Drehbank. Der Mann dackelt 12h am Tag in seiner Werkstatt damit bissl Kohle reinkommt während seine Frau droben in der Wohnung die Fingernägel lackiert (ich polemisier mal bissl). Ein Jahr später zieht der Mann einen fetten Kunden an Land und seine Klitsche wächst. Er legt sich noch zwei CNC 5 Achs-Bearbeitungszentren zu, Stückpreis 200.000 EUR, finanziert über seine Hausbank. Vollauslastung. Er stellt zwei drei Arbeiter ein. Alle haben fett zu tun, das Geschäft läuft blendend und der Mann kann seiner Filipina endlich mal ein neues Iphone kaufen und ihr bissl mehr Haushaltsgeld geben.
Aber die Frau hat kein Bock mehr. Vielleicht ist sie sogar gut von Freundinnen beraten worden. Frau lässt sich scheiden, Zugewinn wird fällig und der fleissige Ehemann fällt aus allen Wolken weil seine Firma am Anfang ja nur 20.000 EUR wert war, jetzt aber mit 400.000 EUR Bilanzsumme in der Berechnung auftritt. Zugewinn fette 380.000 EUR, den rostigen Passat nicht mal mit eingerechnet. Das Haus ist ja auch noch im Wert gestiegen, also Zugewinn in Summe 580.000 EUR geteilt durch zwei = 290.000 EUR. Und das muss der Mann seiner Ex bezahlen obwohl die keinen einzigen Handschlag in der Firma gemacht hat.
Diesen Sachverhalt und Rechtslage hab ich meinem Freund vor der Hochzeit erklärt. Ich hab gesagt:"Gugg mal, keiner von uns Beiden weis wie es mit uns in zwei drei Jahren aussieht. Wir sind jetzt seit vier Jahren zusammen und wahrscheinlich werden wir die nächsten vier jahre auch gesittet rumkriegen ;), aber wenns dumm kommt und wir uns in ein zwei drei Jahren auseinanderleben und uns trennen, dann hab ich echt keinen Bock deswegen mein Haus zu beleihen nur um 6-stellige Eurosummen für nen Zugewinnsausgleich bereitzustellen.
Hat er voll kapiert und verstanden und stimmt dem sogenannten "modifiziertem Zugewinnausgleich" zu. Also wir teilen allen Zugewinn mit Ausnahme von Haus und Firmenvermögen.
Unser Notar (wir sind beide per-Du mit ihm und kennen ihn auch beide privat) hat mir aber gleich gesagt:"Aber Chucky, Dein Freund stimmt dem Ausschluss von Immobilie und Firma beim Zugewinn zu, er verzichtet also im Ehevertrag auf etwas, es ist zu seinem Nachteil. Du musst im Gegenzug für ihn einen Ausgleich schaffen mit dem er zufrieden ist.
Wir haben dann einen nachehelichen Unterhaltsanspruch eingefügt. Worst-case Betrachtung aus seiner Warte: Nach ein zwei Jahren hab ich die Schnauze voll und will mich trennen. Er ist in dem Moment vielleicht Student an der Uni und auf etwas Unterhalt angewiesen. In dem Fall hab ich mich verpflichtet ihm drei Jahre lang Unterhalt in Höhe des offiziellen Bedarfssatzes nach Tabelle für Studenten zu gewähren. Das bringt mich nicht um, gefährdet auch nicht meine Existenz, aber ermöglicht ihm seine Ausbildung zu beenden.
Ein anderer Punkt den wir im Ehevertrag regeln mussten und auf den uns unser Notar hingewiesen hat ist das mit den Rentenversorgungsanwartschaften:
Wäre ich nicht selbstständig sondern angestellt, dann würde ich über die Jahre einen gesetzlichen Rentenanspruch erwerben. Mein Ehepartner würde von diesem meinem Rentenanspruch profitieren können, im worst-case sogar als Hinterbliebenenrente. Da ich aber selbstständig bin, fällt so ein Anspruch für meinen Lebenspartner flach. Auch dafür muss ich einen geeigneten Ausgleich schaffen z.B. indem ich mich verpflichte monatlich etwa 100 EUR in eine Kapitallebensversicherung auf seinen Namen einzuzahlen.
Ich kenn mich selbst eigentlich ganz gut in Rechtsdingen aus, kenn die juristische Denke und Redewendungen, aber beim Ehevertrag wurde ich mit manchen Dingen konfrontiert die mir total neu waren
Umsomehr wird es den philippinischen Partner berühren der bis dahin noch nie mit solchen rechtlichen Dingen konfrontiert wurde, von dem man im Allgemeinen auf so viele Fragen die einfache Antwort "Its up to you, honey, you decide" bekommen hat. Und nun soll die Filipina oder Filipino kurz vor der Hochzeit sich konkret Gedanken um Versorgungsausgleich und modifizierte Zugewinngemeinschaft machen? "Hallohoo? Wir heiraten doch aus Liebe und weil wir uns vertrauen, wozu brauchen wir da einen Vertrag Honey? Was hast Du denn vor? Was führtst Du im Schilde?" Mit so einer Einstellung muss man rechnen wenn man das Thema Ehevertrag auf den Tisch bringt. Und da hilft es nur absolut einfühlsam und sachlich zu bleiben und das Thema langsam und gut zu erklären.
Es ist total komisch sich in den Wochen vor der Hochzeit mit worst-case Betrachtungen einer Scheidung zu befassen. Am einen Tag geht man zum Restaurant wo man die Feier abhalten will, am anderen Tag gleich zum Notar um festzulegen was im Falle der Scheidung zu tun sei, und nach dem Notartermin wollte man eigentlich noch zum Juwelier um die Ringe auszusuchen. Unsereins ist westlich geprägt, wir sind es gewohnt in die Zukunft zu denken und können da eher schnell umswitchen, aber eine Filipina oder Filipino ist anders sozialisiert und braucht da erfahrungsgemäß bissl mehr Zeit um das zu verinnerlichen.
Wir waren damals ein paar Tage vor dem Hochzeitstermin beim Notar. Er hat uns bereits einige Tage vorher den Entwurf des Ehevertrags zugesendet und wir haben bereits alles besprochen. Wir sitzen also alle beim Notar, das zukünftige Ehepaar, sein Kumpel als Übersetzer, der Notar verliest den Vertrag, sein Kumpel übersetzt und als es dann ans unterschreiben ging hat mein Verlobter kalte Füße bekommen und gesagt dass er da noch ein zwei Tage überlegen muss.
Ich hatte vollstes Verständniss. Niemand soll einen Vertrag mit einem schlechten Bauchgefühl unterschreiben! Der Notar hat uns einen zusätzlichen Termin zwei tage später gegeben, einen Tag vor der Hochzeit etwa ;). Abends daheim habe ich meinem Verlobten keinerlei Vorwürfe gemacht sondern ihn in seiner Haltung bestätigt dass man nie was unterschreiben sollte wo man nicht voll dahintersteht. Ich hab ich nochmal in aller Ruhe alle Punkte des Vertrags erklärt und ihn ermuntert mir alle seine Bedenken bitte ehrlich und ohne Scham mitzuteilen.
Letztendlich konnten wir alles untereinander klären.
Grüßle
Chuck