Guinsaugon - Southern Leyte

  • Ich moechte euch noch vom Ort erzaehlen, und seinen netten Einwohnern. Es war wirklich schoen dort, idyllisch und ruhig. Ueberall waren spielende Kinder und fleissige Hausfrauen. Die Maenner der Sippe trafen sich abends bei Esteban, Mario oder in der Barangayhall mit anderen zum Plausch.
    Man hatte nun eine stabile Stromversorgung bekommen, und die haeufigen Brownouts (=voruebergehender Stromausfall) der Vergangenheit stellten kein Problem mehr dar.


    Das hier ist Juan Arbiol's ganzer Stolz, damit verdient er seinem Teil der Sippe das taegliche Brot:



    Ein Schulbus ist das, Taxi, Krankentransporter und Vehikel fuer seltene Grosseinkaufe in St. Bernard!


    Fast alle bewirtschafteten seit Generationen kleine Kokosplantagen am Can-Abag Berghang, dem verhaengnisvollen Berg im Ruecken der Stadt. Abgeholzt hatte man dort vielleicht vor 150 Jahren - aber das Ganze war stabil solange man denken konnte. Die Schule des Ortes war direkt dort, wo der Ort an den Berg grenzte. 40 Jahre lang wurden dort den Kids des Ortes Grundschulwissen verabreicht.
    Esteban war der Dorfschreiner in Guinsaugon. Seinen 4 Kindern hat er nach der obligatorischen Schulausbildung eine Highschool verschafft. Die Opfer dafuer hat er gerne gebracht, und er ist sehr stolz auf seine Schar. Ueblicherweise haben Familien auf dem Land oft 8 oder noch mehr Kinder, aber Esteban und Letecia wussten, dass sie mit ihrem bescheidenen Auskommen den Vieren etwas bieten konnten, was nicht zwingend auf dem Land ueblich ist. Letecia posiert hier mit meiner Sonnenbrille:



    Esteban Junior's Traum war es, einmal Auto- oder Motorradmechaniker zu werden. Discos, Drogen oder Nightlife gab es in Guinsaugon nicht - eine einfache Karaokebude diente den Einwohnern an Wochenenden zum Entertainment. Fast jeder hatte fuer den Eigenbedarf ein kleines Reisfeld bewirtschaftet. Letecia kredenzte mir einen selbstgemachten Kokoswein, den man hier Toba nennt. Sah aus wie Rotwein, schmeckte wirklich nicht schlecht. Man bewirtete mich mit einem leckeren Reisgericht, und ich ass mit dem ganzen Familienclan. Mitgebrachte Schokoladenvorraete und Suessigkeiten gingen zur Neige, denn die Kids hatten auch viele Freunde. Die unbefestigte Strasse vor dem Haus sah am anderen Morgen aus wie nach einem Schneefall, so viele Stanniolpapierchen der Schokokugeln waren am Boden verstreut. Nach dem Essen ging man zum gemuetlichen Teil ueber, und man stellte mir viele Fragen. Wie das Leben denn so in Thailand sei, und wo ich schon ueberall gewesen bin. Ich holte daraufhin meinen alten Reiselaptop aus dem Backpack und hatte dort ein paar Pics von frueheren Trips. Wat Phra Keouw in Bangkok faszinierte sie alle, Angkor Wat und die Beaches in Cambodia, Elefanten kannten sie nur aus dem Fernsehen. Leider hatte ich keine Picture-CDs mitgebracht, aber die kleine Diashow auf dem Laptop fesselte die Einwohner sehr.
    Der Aufenthaltsraum fuellte sich zusehends, und bald gab es keinen freien Platz mehr.
    Dieses (von Kevin gemachte) Foto zeigt links Mario, den aeltesten Bruder Estebans (Englischlehrer Elementaryschool), mich in der Mitte und rechts Esteban sr.:



    Fuer Esteban senior hatte ich einen Schwingschleifer mitgebracht, der bei mir nur noch im Keller gelegen hatte. Den Stecker hatte ich ihm noch auf das hier gaengige Stromsystem umgestrickt, und er fuehrte mir stolz seine anderen Werkzeuge vor. Neben einem umfangreichen Arsenal an Handwerkzeug hatte er eine Kreissaege und eine Stichsaege. Von der Farbe an den Geraeten war nicht mehr viel zu erkennen, aber sie waren gut gewartet und funktionierten bestens. Jeder im Ort bestellte ihn, wenn es etwas zu bauen oder zu reparieren galt. Am 17. Februar war er gluecklicherweise gerade im Nachbardorf, um einen Dachstuhl auszubessern.

  • Ich moechte hier einen Post eines mir seit Jahren persoenlich bekannten members bringen, der sich in der Heimat einsetzt und zunaechst ein gemeinnuetziges Konto eroeffnet hat:


    Ich verbuerge mich fuer die Rechtschaffenheit des Kontoeroeffners persoenlich.


    Hinigugma

  • möchte noch anmerken, das der verfasser obigen posts bereits 100 euro per Western Union übersendet hat, damit sich der überlebende neue ausweise und ein bankkonto verschaffen kann. 100 dank dafür stefan!
    essen bekommen die leute vor ort nun von der uno und dem roten kreuz sowie einer mobilen amerikanischen mitlitärkantine.


    hinigugma

  • Dieser umgebaute Kleinlaster ist die Alternative zu der Rostlaube, mit der ich herkam. Der Eigentümer ist Hauptfinanzier seiner Kirchengemeinde und ein sehr frommer Mann.



    Überhaupt sind hier viele auffällig christlich, was ansonsten in Asien eher selten ist. Die jahrhundertelange Versklavung der Filipinos durch die Spanier hat überall deutliche Spuren hinterlassen. Es gibt hier in Guinsaugon gleich mehrere Kirchen. So wie das Gefährt auf obigem Foto beladen ist, so fuhr es in den Ort hinein. Dachlasten in den Philippinen müssen nicht immer nur aus Gütern bestehen!


    Kinderreich sind hier offensichtlich viele Familien, und die Kleinen haben Spass an dem "Kano" - denn es hatte sich wohl herumgesprochen, daß der nicht beißt:



    Die erste Nacht im Hause Estebans war etwas ungewohnt - Schöpfkellenduscherei ist wahrhaft kein Neuland für mich, aber hier gab es keine Türe - die man hätte schliessen können. Ich bekam eine Art Wickelrock, so wie ihn die anderen Familienmitglieder auch benutzten, und sollte vorgehen. Hmmmmm.......
    Ich wollte mir das lieber erst einmal bei den anderen anschauen - und gab vor noch eine Zigarette rauchen zu wollen. Der Küchenbereich, in dem auch geduscht wurde - war vom Wohnraum nur durch eine halbhohe Mauer getrennt, eine türe gab es nicht. Eine Tiolette gab es auch, die hatte aber eine Türe und somit den benötigten Sichtschutz.
    Die Mitglieder der Familie duschten einer nach dem anderen, und behielten ihre Umhänge dabei an. Der kletschnasse Duschumhang wurde dann gegen einen trockenen Ausgetauscht, der auch als Nachtgewand diente.
    Lange lag ich noch wach und dachte über das Erlebte nach. Eine glückliche und gesunde Familie war das, bitterarm nach westlichen Gesichtspunkten - aber zufrieden und sehr gastfreundlich. Im Kopf machte ich mir Notizen, was ich bei meinem nächsten Besuch alles mitbringen sollte.
    Ich schlief tief und fest, und mit dem Duft heissen Kaffees in der Nase wurde ich nach einer angenehmen Nachtruhe dann am frühen Morgen wach. Heute waren Testfahrten angesagt, und gemeinsam mit Esteban junior und einem seiner Freunde ging auf den Dirtbikes den Fluß entlang in Richtung Norden, dorthin - wo sein Vater eine kleine Kokosplantage mit ca. 100 Bäumen hatte.

  • ich bitte alle member ihre jeweiligen lokalredaktionen der tagespresse und/oder redaktionen von magazinen oder anderen publikationen auf diesen link hier im forum zu meinem GUINSAUGON-BERICHT hinzuweisen.


    das von mir erlebte mag publizistisch für manche von interesse sein!


    wenn jemand mein material für kommerzielle zwecke publizieren möchte (texte oder bilder) - so stelle ich alle anfallenden honorare und vergütungen selbstverständlich in den dienst der sache und bitte um entsprechende überweisung auf das hilfskonto.


    salamat
    Hinigugma

  • DER BERG


    Der Can-Abag Mountain war ein gruener, dichtbewachsener Vertreter seiner Gattung. Hier im tropischen Regenwaldbereich war der Dschungel oft undurchdringlich. Narra-Baeume und Tuogs wuchsen hier, wie die Natur sie gesetzt hatte. An Holzwirtschaft oder dergleichen war nicht zu denken.
    Schon seit Generationen bewirtschafteten die Einwohner des Dorfes an zugaenglichen Hangflecken Kokoshaine, und jeder freute sich zur Ernte ueber das extra Essen und auch Einkommen, welches die Kokospalmen boten. Oekologische Landwirtschaft war das vom Feinsten - hier hat man kein Geld fuer Kunstduenger oder gentechnisch manipuliertes Saatgut. Die Baeume wurden gepflegt, und seit den wilden Abholzungsaktionen der Besatzungsmacht Spanien vor rund 150 Jahren hat hier keine eingreifende oder wesentliche Veraenderung mehr stattgefunden.
    Die dummen Schuldzuweisungen mancher Presseorgane heute werte ich als billige Ausreden, sonst nichts! Ein unkontrolliertes Abholzen, so wie man es noch heute aus Laos, Cambodia oder Thailand kennt, hat zumindest hier nicht stattgefunden. Der saisonuntypische Dauerregen der Wochen vor dem Unglueck (der auch zu meiner verfruehten Abreise dort fuehrte) - der hat dem Berg die gesamte organische Substanz weggewaschen....und Millionen von Tonnen an Schlamm und Geroell waren die Folge:



    Das gesamte Dorf Guinsaugon wurde unter der Schlammlawine begraben, und mit ihr fast alle Einwohner.
    photocredit: provincial government of southern Leyte

  • DIE HELFER VOR ORT


    Vor Ort sind etliche professionelle Suchteams aus mittlerweile mehreren Laendern (Taiwan, Malaysia, Spanien), der fast ununterbrochene Regen im Hochland sorgt als zusaetzliches Hindernis fuer reissende Wassermassen, selbst im direkten Erdrutschbereich haben sich Baeche gebildet, in denen das Wasser vom Berg hinabschiesst.




    Oftmals werden die Ladeschaufeln von schwerem Raeumgeraet zu Personentransportzwecken eingesetzt. Neben dem phil. Militaer sind nun auch viele US-Soldaten vor Ort und fassen tatkraeftig mit an.



    Nach Angaben mancher Retter, sollen die Schlammmassen sich bis zu 30 Metern ueber dem ehemaligen Dorf aufgetuermt haben. Bis weit vor's Dorf ging die Lawine herab.





    Ich habe dies alles auf philippinischen Newssendungen und Berichten zusammengefasst.


    Der Credit fuer alle gezeigten Fotos direkt von der Katastrphe geht an das Provincial Government of Southern Leyte

  • Liebe Philippinenfreunde - am heutigen Freitagabend werden erste Spenderlisten, korrespondierend zu den Kontoeingaengen auf dem Konto von Retep (SEA-Forum u.a.) veroeffentlicht. Die gesamte Direkthilfeaktion wird so transparent wie moeglich dargestellt und ueber jeden eingehenden Cent wird ein Eingang in Guinsaugon verzeichnet werden koennen. Retep hat durch eine Western Union Finanzspritze dafuer gesorgt, das Esteban sich ID und ein Bankkonto verschaffen kann. Das ist bereits geschehen. Allen Mithelfern meinen aufrichtigen Dank


    Daghang Salamat
    Hinigugma

  • So, hier die zugesagte erste Spenderliste - korrespondierend zu Eingaengen auf dem Spendenkonto:


    Healthy Boy (SEA-Forum u.a.) 50 Euro
    reteP (SEA-Forum u.a.) 50 Euro
    Wiesel & UweFFM (hier u.a.) 100 Euro


    weiter Ueberweisungen sind angekuendigt worden, diese werden dann bei Eingang nachgetragen. Sachspendeneingang wird ebenfalls quittiert


    Ich werde mir erlauben, dieses Listing in einem eigenen Thread fortzufuehren.


    Salamat allen Helfern
    Hinigugma

  • DIE TRAURIGE WAHRHEIT


    Es sind bisher nur 40 der Opfer identifiziert worden. Weit ueber 900 gelten noch als vermisst, es ist sehr unwahrscheinlich das noch jemand davon am Leben ist. Rund 100 Unidentifizierbare Menschen sind geborgen worden. Unter den Identifizierten Opfern befinden sich unter anderem:



    Kevin Coquilla, mein kleiner Freund und Lausbub aus dem Report - Kimyolan Coquilla (rechts) ist sein kleiner Bruder und vermisst.



    Nikki Gwen Dayandayan, Tochter von Lyle Dayandayan ( Vater, Bekannter von mir, vermisst)


    sowie der Bruder von Esteban (Eigner des seltsamen Motorrades aus meinem Report) Juan Arbiol


    Ueberlebt haben von allen fotografierten Erwachsenen und Kindern in meinem Bericht nur Esteban Arbiol sr., Nephi Arbiol und Chona Pintchura:


  • ich wollte dies euch nicht vorenthalten, meine fotos gehen nun um die welt - oft ungefragt, aber das ist schon o.k. wenn es sich dabei um solche arbeiten handelt:



    aus http://www.cebuliving.com



    kommerzielle benutzer meiner fotos sollen uebliche honorare der direkthilfeaktion zur verfuegung stellen - ich verzichte auf die einnahmen gerne, aber nicht auf mein copyright


    paalam


    hinigugma


  • Cebuliving... 8o 8)


    ...klar kennt der "spendable" MANN diese Seite.... 8)



    http://www.cebuliving.com/cebu_night_life.html


    oder noch ausführlicher:


    http://nightlife.cebuliving.com/index.htm





    weico

    Einmal editiert, zuletzt von weico ()

  • @ weico & interessierte



    ich kenne die site nicht, kannte sie bis vorhin jedenfalls nicht. hatte mir nach dem hinweis eines members aus einem anderen PIforum deren portal angeschaut, und das sah o.k. aus. dein link auf Nightlife laesst auf einen rotlichtsektor schliessen, der dem angegliedert sein mag.
    meine ausfluege in rotlichtforen liegen lange zurueck, denn das macht mir keinen rechten spass in solchen.
    ich mag informations- und sachhaltige foren (so wie dieses hier) - und dieser bericht GUINSAUGON wird nicht mein letzter hier sein, wenn die member das so wuenschen.
    leider gibt es hier keine passende rubrik fuer meine cambodia- oder thailandberichte. diese werden naemlich permanent ergaenzt.


    hier eine archivauswahl meiner berichte (abstinent) und denen von wesentlich begabteren:


    Archiv in meinem Heimatforum


    wenn euch davon 'was interessiert, dann bitte ich um eine nachricht. sobald ich dann die zeit aufbringen kann werde ich das nach und nach auch hier einbringen koennen


    paalam


    hinigugma

  • Hallo Frank,
    Hut ab vor der Arbeit, die du dir machst. Deine letzte Reise nach Leyte endete ja leider sehr tragisch für eure Gastgeber.
    Alles Gute bei eurer Hilfsaktion, gerade vor dem Hintergrund deiner persönlichen Situation hat dies meinen höchsten Respekt und verdient Unterstützung.


    Einen herzlichen Gruß an Theptida, übrigens startet unser nächster LOS-Trip in einer Woche. Geplant ist diesmal ein Kurztrip Richtung Kambodscha, mal sehen ob das was wird.


    Evt. können wir uns ja mal wieder in Bangkok treffen. Alternativ sehen wir uns zu Weihnachten in Essen wieder zu einem Glühwein.


    Gruß und viel Erfolg Uwe

  • @ uweffm


    meine zahlreichen gluehweinparties auf dem essener weihnachtsmarkt fuer forenfreunde hatten in diesem jahr sogar webcam-liveuebertragung. leider warst du ja verhindert.
    fanden aber in 2005 zum letzten male statt, weil ich in den kommenden jahren auch weihnachtspalmen statt weihnachtsbaeumen wuensche.
    freue mich ehrlich auf ein wiedersehen, gern in BKK - oder wo auch immer. in cambodia bin ich erst wieder im mai (leider)
    meine rufnummer hast du hoffentlich noch, melde dich wenn du aufschlaegst.
    danke fuer deinen kommentar


    frank

  • @ dino


    ich habe darum gebeten, meinen report bei interesse in andere boards einzustellen. zu obiger montage meiner fotos ( 3 von mir, eines vom prov.gov't) habe ich einen linkhinweis bekommen.
    dort ist weder ein post von mir, noch rufe ich dort zu irgendwas auf. bin auch weder member noch leser auf den dutzenden von sites, die nun die englische fassung davon verbreiten. ein beispiel findest du hier:


    HINIGUGMA.COM - US SITE


    und wenn der poster dieses dann seinem bericht voranstellt:



    ..dann ist das o.k. fuer mich. ueber die reputation jeder einzelnen site, in der mein bericht nun rennt - da kann und will ich mir keine gedanken drueber machen, denn sonst haette ich keine zeit mehr fuer kreatives arbeiten an neuen postings.
    aufrufe fuer das PROJEKT ESTEBAN starte ich nur in den foren, in denen ich auch selber vertreten bin. wir wollen einer restfamilie direkt helfen - und nicht den grossen NGO's konkurrenz machen.


    zufaellige namensgleichheit der o.a. website mit meinem nick ist zufaellig, und ruehrt aus der bedeutung des nicks im visayas her.
    ich finde sie nicht abstossend.


    die uebersetzung des berichtes ist nicht von mir, aber fuer amerikaner lesbar - die aenderungen meiner bildueberschriften finde ich nicht so toll z.t. - aber da hatte ich keinen einfluss drauf, das lag in der wohl schoepferischen kreativitaet des reposters.


    paalam


    hinigugma