Erfahrungsbericht FSJ/BFD in Deutschland für eine Philippina

  • Guten Tag liebe Forengemeinde,


    in diesem Thread möchte ich gerne einen Efahrungsbericht für ein Freiwilliges Soziales Jahr in Deutschland und die Beantragung eines Visas dafür teilen.

    Vielleicht hilft dieser Thread ja dem ein oder anderen, der auch ein Familienmitglied mit dem Wunsch für ein FSJ hat.


    Kurzer Hintergrund:

    Meine Schwägerin ist letztes Jahr frisch 18 Jahre alt geworden und würde gerne Krankenschwester oder Pflergerin werden. Eine Freundin von ihr hat letztes Jahr bereits ein FSJ in Deutschland gestartet und hat jetzt sogar die Möglichkeit, übernommen zu werden, sprich eine Ausbildung in Deutschland zu absolvieren. Meine Schwägerin war von der Idee begeistert, sich sozial zu engagieren und in dieser Zeit Erfahrungen in Deutschland zu sammeln. Daher kam sie letztes Jahr auf mich und meine Frau zu und fragte, ob wir sie bei dem FSJ unterstützen können.


    Vorweg gibt es einige Hürden zu überwinden, um überhaupt für ein FSJ in Frage zu kommen:

    - Mindestens A2 Sprachlevel, die meisten wollen sogar ein B1 Sprachniveau. Viele FSJ-Träger und FSJ-Stellen laden Bewerber zu einem Interview ein, um das Sprachniveau festzustellen und erste Informationen zu sammeln.

    - Einen FSJ Träger finden, der ausländische Bewerber akzeptiert und unterstützt. Hierbei gibt es drei verschiedene Arten von Trägern, die normalen FSJ-Träger akzeptieren gar keine Bewerbungen aus dem Ausland. Die Unterstütztenden FSJ-Träger akzeptieren zwar Bewerbungen aus dem Ausland, bieten aber keinerlei Hilfe bei Unterkunft, Flug etc. sprich man muss sich um alles in Deutschland selbst kümmern und dieses FSJ ist nur mit Hilfe einer Familie vor Ort in Deutschland möglich. Zuletzt gibt es noch die Incoming-FSJ Träger, hier bewerben sich fast alle die ein FSJ aus dem Ausland machen möchten, die Wartezeit hierbei kann bei über einem Jahr liegen und die Chancen genommen zu werden ist sehr gering. Dafür bekommt man bei einem Incoming-FSJ meist alles gestellt wie zum Beispiel eine Unterkunft oder den Flug.

    - Eine FSJ-Stelle über den Träger finden, der zukünftige Arbeitgeber muss eine Bewerbung und das Interview aus dem Ausland akzeptieren. Viele Arbeitgeber und FSJ-Stellen wollen einen Bewerber zum Probearbeiten oder Vorstellungsgespräch vor Ort einladen, dies ist bei einer Bewerbung aus dem Ausland natürlich nicht möglich.

    - Unter 27 Jahre muss der Bewerber oder die Bewerberin sein, ansonsten bleibt einem nur noch der BFD.


    Da meine Schwägerin ein FSJ bei einem Träger mit Unterstüztender Funktion gefunden hat, wird es in diesem Thread hauptsächlich darum gehen.



    FSJ-Träger und FSJ-Stelle finden:


    Zunächst war es schwierig überhaupt einen Träger für Bewerbungen aus dem Ausland zu finden, hierbei gibt es regional etliche verschiedene Träger in ganz Deutschland, man muss also aktiv in der Region suchen und einen passenden Träger finden. Bei uns war es die Caritas welche Bewerbungen aus dem Ausland akzeptiert und bei dem Visa etc. hilft. Da die Caritas kein incoming-FSJ anbietet, werden nur Bewerber mit Hilfe vor Ort angenommen, sprich die Familie vor Ort in Deutschland muss garantieren, bei allen Dingen in Deutschland zu helfen. Die erste Frage hierbei ist meist, ob man schon eine Wohnung hat, falls der Bewerber bei der Familie in einem Zimmer wohnen kann ist schon die erste Hürde geschafft.

    Ist die Bewerbung ausgefüllt wird der Bewerber auch schon zu einem Interview eingeladen welches nur auf deutsch stattfindet, der Bewerber sollte zu diesem Zeitpunkt also schon mindestens das A2 Niveau erreicht haben, um auch etwas verstehen zu können. Im Interview wird dann auch gefragt, wo man denn gerne ein FSJ machen möchte. In der Pflege oder im Krankenhaus sucht man händeringend nach Freiwilligen, daher sind die Chancen sehr hoch eine Stelle zu finden.

    Je nach Träger sendet auch der Träger anfragen an die Partner und fragt nach, ob eine freie FSJ-Stelle exestiert und ob Bewerber aus dem Ausland akzeptiert werden. Bei uns hatte der Träger keinen Erfolg eine Stelle für meine Schwägerin zu finden und ich habe via Telefon verschiedene FSJ-Partner des Trägers angerufen und eine Stelle finden können, die auch Interviews via Zoom akzeptiert.

    Viele FSJ-Stellen möchten einen lückenlosen Lebenslauf sehen, spätestens für das Visa braucht man den eh, daher sollte dieser gleich zu beginn gemacht werden.


    Hat man das Bewerbungsgespräch mit dem Träger und dem zukünftigen Arbeitgeber hinter sich gebracht und war erfolgreich, wird auch schon der Arbeitsvertrag ein die lokale Kontaktperson/Familie in Deutschland geschickt(manchmal auch direkt auf die Philippinen). Da der Vertrag unterschrieben werden muss und für das Visa benötigt wird, muss dieser anschließend via Express auf die Philippinen gesendet werden.



    Visa Anforderungen und Prozess:

    Coming soon



    PNVSCA clearance und Immigration:

    Coming soon





    Wir sind aktuell an dem Punkt den Vertrag auf die Philippinen zu senden, daher wird der Thread so bald wie möglich geupdated :D

    Falls ihr fragen zum FSJ habt könnt ihr dieses hier gerne posten.

  • So ein weiteres Update da es Neuigkeiten vom Visum gibt.

    Eventuell kann ein Moderator auch die Beiträge zusammenfügen, leider kann ich den original Beitrag nicht mehr bearbeiten.



    Visa Anforderungen:


    Die Visa Anforderungen für das Visum sind meiner Meinung nach sehr einfach gehalten und weniger kompliziert aufgebaut wie bei einem Schengenvisa oder anderen nationalen Visa.



    Die Anforderungen sind Stand April 2024 wie folgt:


    • Ihren gültigen Reisepass
    • Einen Ausdruck Ihres vollständig ausgefüllten und unterschriebenen Antragsformulars
    • Zwei biometrische Passfotos, von denen eines auf das Antragsformular geklebt werden muss
    • Visumgebühr 75 Euro, zahlbar in PHP
    • Vollständigen und von allen Seiten unterzeichneten Vertrag / Vereinbarung über Ihren Freiwilligenaufenthalt in Deutschland.
    • Enthält der Vertrag oder die Bestätigung der Einsatzstelle keine Angaben zu Ihrer Unterkunft und Verpflegung, legen Sie bitte ergänzende Nachweise zur Lebensunterhaltssicherung vor.
    • Bestätigung der Krankenversicherung, dass Sie ab Beginn des Freiwilligendienstes pflichtversichert sind.
    • Lückenlosen tabellarischen Lebenslauf mit Angabe der vollständigen Adressen und Erreichbarkeiten.
    • Selbstverfasstes und unterschriebenes Motivationsschreiben zu Ihren Beweggründen, u.a.:
      • Warum möchten Sie in Deutschland den Freiwilligendienst ableisten?
      • Haben Sie bereits Deutschkenntnisse oder wie werden Sie diese erwerben?
      • Was möchten Sie nach dem Freiwilligendienst machen und wo?
      • Welchen Nutzen erhoffen Sie sich von dem Freiwilligendienst?
      • Wie passt dieser Aufenthalt in Ihre konkrete Lebensplanung und zu Ihrer beruflichen Perspektive?
    • Nachweise Schulabschluss, Berufsausbildungs- oder Studienabschlüsse
    • Sofern Sie die deutsche Sprache nicht beherrschen oder keinen Sprachnachweis vorlegen, legen Sie bitte eine Bestätigung der Einsatzstelle / des Trägers bei, dass auf Sprachkenntnisse zunächst verzichtet wird und Sie diese durch Sprachkurse nach Einreise erwerben können bzw. dass Ihre Sprachkenntnisse von dort geprüft und für ausreichend eingestuft wurden.
    • Nachweis Krankenversicherungsschutz.
      • Bescheinigung der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung mit ausdrücklicher Bestätigung der Gültigkeit des Krankenversicherungsschutzes ab Einreise,
      • Oder eine Bescheinigung einer privaten Krankenversicherung mit ausdrücklicher Bestätigung der Gültigkeit ab Einreise, wenn deren Krankenversicherungsschutz nach Art und Umfang dem der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht,
      • Oder eine Incoming-Krankenversicherung, wenn deren Krankenversicherungsschutz nach Art und Umfang dem der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht, und die den gesamten Aufenthaltszeitraum abdeckt


    Quelle: https://manila.diplo.de/ph-de/…onId=item-2574706-2-panel

    Die Anforderungen sind so weit simple und verständlich.


    Wir hatten bei unserem Antrag einige Besonderheiten bei diversen Punkten:


    Da meine Schwägerin bei uns wohnen wird und wir sie hier in Deutschland unterstützen, haben wir ein Schreiben hierfür beigelegt.

    Im Schreiben steht, dass wir sie in Deutschland so weit wie nötig finanziell unterstützen und dass wir ein entsprechend ein freies Zimmer haben wo sie wohnen kann für die Zeit vom FSJ. Eine genaue Adresse des Hauses/Wohnung sowie das Verwandtschaftsverhältnis haben wir ebenfalls hineingeschrieben.

    Bei einem Incoming-FSJ muss man dieses Schreiben entsprechend vom Träger anfordern oder bekommt es eh schon mit dem Arbeitsvertrag.


    Meine Schwägerin hatte zu dem Zeitpunkt der Beantragung leider noch keine offizielle Prüfung für A2/B1 absolviert(außer die internen Prüfungen von der Schule), daher haben wir ein kurzes Schreiben von der Dienststelle beantragt, welches die notwendige Sprachqualifikation für das FSJ bestätigt.

    Am besten ist es natürlich ein A2/B1 Sprachzertifikat beizulegen, um den Sprachnachweis eindeutig zu belegen.


    Vor dem Antrag auf der Botschaft muss man eine deutsche Krankenversicherung aussuchen und den Freiwilligen entsprechend registrieren. Die Krankenkassen wissen schon Bescheid bei einem FSJ und wollen lediglich eine Versicherungsnummer von dem FSJ-Träger haben, sowie alle persönlichen Daten des Freiwilligen.

    Eine Incoming-Krankenversicherung muss auch abgeschlossen werden, allerdings macht das je nach Visafreigabe wenig Sinn, da ein Visa meist auf den Tag genehmigt wird, an dem man eh schon über die normale Krankenkasse versichert ist.



    Visa Prozess:


    Wie bei allen(?) nationalen Visa muss ein Termin bei der Botschaft in Manila gemacht werden. Zu diesem Zeitpunkt sollten bereits alle Formulare und Anforderungen vorliegen, da die Genehmigung des Visa sehr schnell geschieht.

    Der Antragssteller sollte auch über alle Dokumente Bescheid wissen, da in der Botschaft alles abgefragt und entsprechend verarbeitet wird.


    Bei meiner Schwägerin war der Check der Dokumente sowie das Interview in etwa 40 Minuten durch. Während dem Interview wurde sie nochmals gefragt, warum sie eigentlich ein FSJ in Deutschland machen möchte und was ihre Motivation dafür ist.

    Da alles gut aussah, wurden nach dem Interview die Fingerabdrücke genommen sowie den Pass einbehalten.

    Falls man den Pass nicht mehr in der Botschaft abholen kann, muss man nach dem Termin entsprechend noch eine Gebühr für den Express-Kurier zahlen.



    Nach unglaublichen 3 Tagen! gab es bereits eine E-Mail mit dem Trackingcode für den Reisepass. Etwa 1 1/2 Wochen nach Termin auf der Botschaft war der Pass mit genehmigten Visa zurück auf Bohol.

    Leider wurde das Visum auf den Tag des Dienstbeginns in Deutschland genehmigt, was natürlich komplett unsinnig ist, da man ja auch noch Anreisen muss. Für die Registrierung auf dem Amt und die Eröffnung eines Deutschen Bankkontos benötigt man mindestens auch nochmal 1-2 Tage. Wir hatten als Einreise 3 Wochen vor Dienstbeginn angegeben, diese 3 Wochen wurden schon beim Gespräch in der Botschaft abgelehnt.

    Nach Rücksprache mit dem FSJ-Träger ist dies wohl gängige Praxis und das Visum wird meistens nur für exakt den Zeitraum des FSJs genehmigt. Hier muss man also den Dienstbeginn entsprechend um eine Woche nach hinten verlegen lassen.


    Coming next:

    PNVSCA clearance und Immigration:

  • Update:


    PNVSCA clearance:


    Von der PNVSCA wird eine Clearance für die Immigration benötigt, ohne diese wird es sehr schwierig durch die Immi zu kommen. PNVSCA steht für "Philippine National Volunteer Service Coordinating Agency", diese Agentur ist für FSJs im Inland und Ausland verantwortlich. In unserem Fall reichte eine generelle Anfrage zur Clearance via E-Mail, die Agentur wollte dann nur noch den unterschriebenen Arbeitsvertrag sehen. Dazu wurden noch genaue Angaben zum Arbeitgeber und zum FSJ-Träger verlangt, sprich Adressen etc.


    Immigration:


    Mit allen verfügbaren Dokumenten ging es dann zum Flughafen. Sie ging extra 4 Stunden vor Abflug hin, da wir mit einer längeren Bearbeitungszeit bei der Immigration gerechnet haben. Natürlich kam es zur second inspection und sie musste etwa eine Stunde fragen beantworten und Dokumente vorlegen.


    Folgende Dokumente wurden verlangt:

    - Arbeitsvertrag mit allen Unterschriften

    - Einladungsschreiben vom "Gastgeber" also von mir und meiner Frau, mit der genauen Wohnanschrift

    - Bild des Reisepasses meiner Frau

    - Rückflugticket (Dummyticket für nächstes Jahr)

    - PNVSCA clearance


    Außerdem musste sie noch etliche Fragen beantworten, wie zum Beispiel warum sie ein FSJ machen möchte und warum sie das im Ausland machen muss etc. zusätzlich dazu wollte die Immi auch versichert haben, dass sie nach dem FSJ wieder auf die Philippinen zurückkehrt. In der Vergangenheit gab es wohl schon etliche Fälle, bei denen die Filipina im Ausland geblieben ist nach dem FSJ. Die Rückkehrbereitschaft wurde mit dem Rückflugticket nachgewiesen.


    Am Ende wurde sie von der Immigration durchgelassen und durfte aufs Flugzeug. Bei der Einreise in Deutschland gab es keine Probleme.



    Hier in Deutschland müssen nun alle wichtigen Anmeldungen durchgeführt werden, wie die Wohnsitzanmeldung, die Eröffnung eines Bankaccounts und so weiter. Die nach der Einreise nötigen Schritte werden in der Regel vom FSJ-Träger vorgegeben.



    Falls ihr noch Fragen zum FSJ habt dürft ihr diese gerne hier posten oder mir eine pn schreiben. Der gesamte Vorgang war also recht einfach umzusetzen im Vergleich zu anderen langzeit Visas. Hier bekommt sie vom FSJ-Träger nun sogar den weiteren Deutschkurs bezahlt und kann währenddessen arbeiten und sich Wissen aneigenen. Eine Aussicht auf eine anschließende Ausbildung nach dem FSJ besteht ebenfalls, daher ist dieses Visa ein perfekter Einstieg in die deutsche Arbeitswelt.

  • Good day! This is very interesting. I am actually considering FSJ and I find this post very helpful. Tho, I have a question. This is for the side of my relatives on Germany. How exactly did you contact Caritas? Did you call them or did you went to their office? What are the questions you have asked them in order for them to consider your sister in law? What exactly are the step by step before the interview process? I really hope you'll be able to answer this! My relatives and I are really lost in this matter.

  • Good day! This is very interesting. I am actually considering FSJ and I find this post very helpful. Tho, I have a question. This is for the side of my relatives on Germany. How exactly did you contact Caritas? Did you call them or did you went to their office? What are the questions you have asked them in order for them to consider your sister in law? What exactly are the step by step before the interview process? I really hope you'll be able to answer this! My relatives and I are really lost in this matter.

    Hello, it's great that you want to get involved in volunteering. I simply called Caritas, but there are also offers for such a voluntary social year (FSJ) from organizations like the German Red Cross. You first need to call Caritas and ask if they still have openings and if they accept applications from abroad. They often want to know if you already have an idea of where you want to work and where you will live. Registration is done through a form that will be sent to you, and then there will be information sessions with interviews. Before or after the interviews, you can already apply for FSJ positions, Caritas can provide you with information about available positions, or you can find everything you need on the Caritas website. If you already have a job offer, Caritas is also quick to finalize all contractual details.

  • Du hast das sehr ausführlich und gut beschrieben. Sicher ist das eine interessante Möglichkeit nach Deutschland zu kommen. Was Du nicht angegeben hast, gibt es eine Vergütung? Ich gehe mal davon aus, dass es kein Geld gibt oder eher nur ein Taschengeld, daher finde ich dieses FSJ nur bedingt gut. Denn in eurem Fall müsst ihr die Schwägerin komplett ein Jahr finanzieren, da kommt schon einiges zusammen, nicht alle wollen oder können das.


    Denn sie hätte sich auch gleich um eine Ausbildung als Pflegefachfrau bemühen können. Die Nichte meiner Frau macht das gerade. Sie bekommt im Monat eine Vergütung von 1400 Euro brutto, macht etwas über 1.100 Euro netto, für das Zimmer gestellt vom Arbeitgeber zahlt sie 350 Euro. Bleibt also genug zum Leben übrig.


    Allerdings muss man für die Ausbildung schon den B2 Kurs abgeschlossen haben und das Zertifikat haben. Die zweite Nichte meiner Frau ist gerade im B2 Kurs, A1-B1 schon abgeschlossen. Für sie gehts dann auch im Sommer 2025 nach Deutschland. Einen Arbeitgeber hat sie schon, den gleichen wie die erste Nichte.


    Bei einem Ausbildungsvisa (§16a Abs. 1 AufenthG) wird auch der Beginn des Visas auf den Beginn der Ausbildung gelegt. Das ist wie von Dir beschrieben ungünstig, da man viele Behördengänge machen muss und sich ja auch erst mal akklimatisieren sollte. Deswegen haben wir eine Ausbildungssuchvisum (§17 Abs. 1 AufenthG) abgeschlossen, das eine frühere Einreise ermöglicht. In unserem Falle war das im Sommer 2024 Ende Juni, Beginn der Ausbildung 01.10.2024.


    Man benötigt allerdings bei diesem Visa eine Verpflichtungserklärung von jemanden in Deutschland oder ein Sperrkonto, in unserem Fall, da wir auf den Philippinen leben ein Sperrkonto und da genügten 4 Monate, (Juni-September), 1.027 Euro im Monat (also gut 4.000 Euro) plus eine kleine Gebühr. Das Geld hat sie ab Einreise monatlich die 1.027 Euro auf das Girokonto zurücküberwiesen bekommen. Bis auf die Gebühr haben wir das Geld wieder.


    Im Juli haben wir zusammen Urlaub gemacht, ihr die Gegend gezeigt und natürlich alle Behördengange absolviert, persönliche Vorstellung beim Arbeitgeber, Einkleidung beim Arbeitgeber, Stadt Anmeldung, Bankkonto, Termin Ausländeramt, Sim Karte etc. pp.


    Im September und Oktober hat die Nichte beim gleichen Arbeitgeber schon gearbeitet bei erlaubten 20 Wochenstunden auf Basis einer Aufwandsentschädigung, die max. bis 3.500 Euro im Jahr gemacht werden kann. Sie bekam 15 Euro die Stunde netto, sie hat dann im Monat netto ca. 1.200-1.300 Euro bekommen, da sie z.B. im August 88 Stunden gearbeitet hat, weil der Monat halt 4 Wochen und 2 Tage lang war. Darunter waren Frühschichten und Spätschichten, früh ab 6 Uhr. Spätschichten bis 21:00 Uhr. Jeweils 4 Stunden am Tag. Das hat ihr sehr gut gefallen und sie bekam schon einen Einblick in die Tätigkeit. Am Ende der zwei Monate hat sie ein sehr positives Feedback der Leiterin bekommen. Das ging so weit, dass sie sogar gefragt wurde, ob sie nicht am letzten Wochenende aushelfen könnte, da Pflegekräfte fehlten, da noch Geld von der Aufwandsentschädigung übrig wäre. Ende September war der Termin beim Ausländeramt, das war problemlos und sie hat einen Aufenthaltstitel bis Ende der Ausbildung 2027.


    Jetzt hat sie genau ihre ersten 6 Wochen der Ausbildung hinter sich gebracht. Der Anfang war 6 Wochen Blockunterricht in der Pflegeschule, sie bekam wie alle anderen einen niegelnagelneuen IPad, gestellt von der Schule finanziert durch den Arbeitgeber. Die Schule gefällt ihr super gut und sie hat Freunde gefunden, speziell ein deutsches Mädchen, die erst 17 Jahre alt ist, Nichte ist jetzt 20. Mit ihrer Freundin trifft sie sich auch nach der Schule und sie verbringen Zeit zusammen und lernen gemeinsam.


    Sie ist wahnsinnig stolz auf das was sie erreicht hat und hat mir mehrfach gesagt, dass sie es absolut nicht bereut hat nach Deutschland gegangen zu sein. Es gefällt ihr sehr gut. Natürlich hat sie auch schon gute Kontakte mit anderen Filipinas, mit denen sie auch was unternimmt und sich trifft. Die Arbeit in der Pflege liegt ihr, sie mag sie und sie wird mit Sicherheit eine gute Zukunft haben, im Vergleich zu ihren Freundinnen auf den Philippinen die ein 4-jähriges College für Nursing besuchen. Ihre alten Klassenkameradinnen haben das erst Jahr Uni hinter sich und noch drei Jahre vor sich, das kostet alles viel Geld und ein sicherer Job nach der Uni mit geringem Gehalt ist nicht sicher. Dagegen finanziert sich unsere Nichte nach einem Jahr Deutschkurs nun komplett alleine.


    Von ihrem Gehalt zahlt sie natürlich auch die Kosten die ich übernommen habe an mich zurück, das waren Kosten für Flug, Impfungen etc. pp. Das meiste wie die Schulkosten haben ihre Eltern bezahlt. Da gehen noch mal 100-200 Euro monatlich weg für einige Zeit. Es bleibt aber immer noch genug Geld zum Leben übrig.


    Die Wohnung, in der sie untergebracht ist hat 4 Schlafzimmer. Also eigentlich eine WG. In den anderen drei Zimmern sind 3 weitere ausländische Azubis untergebracht. Die Wohnung wurde durch den Arbeitgeber komplett frisch renoviert. Es gibt ein schönes neues Bad und noch ein Gäste-WC, eine tolle neue Küche sowie die Zimmer die auch neu möbliert wurden, alles vom feinsten. Im Juli hat sie mit uns in Deutschland gewohnt. Im August und September in einem anderen WG-Haus des Arbeitgebers, ganz in der Nähe, dort hat das Zimmer 440 Euro gekostet.


    Die Stadt wo sie wohnt im Süden von Hessen ist eine Kleinstadt mit nur knapp 25.000 Einwohnern. Sie wohnt in einem Ortsteil. Die Schule ist 10 Busminuten oder 3 Kilometer entfernt. Einkaufsmöglichkeiten gibt es in Laufnähe. Mein Vater wohnt auch nicht weit entfernt und ist per Fahrrad oder per Bus in 15 Minuten erreichbar. Und sie schaut ab und zu nach ihm, was für uns sehr hilfreich ist, da er oft sein Handy nicht an hat, oder mal im Flugmodus oder aus Versehen das Internet am Handy ausgemacht hat, da ist jemand vor Ort schon sehr nützlich.


    Alles in allem - perfekt.

  • Schöne Erfahrungsgeschichte und Glückwunsch zur Ausbildung.


    Wie du selbst schreibst ist dieser Weg sehr kostspielig und benötigt auch etwas mehr Aufwand. Viele Familien haben nicht das Geld um eine Finanzierung bis B2 zu finanzieren, da kann man mit B1(manchmal A2) schneller nach Deutschland kommen und bekommt hier dann einen kostenlosen Deutschkurs von dem FSJ-Träger. Der FSJ-Träger zahlt in der Regel 400€ Aufwandsentschädigung, sowie 50€ für die Beförderung und je nach Arbeitsstelle bekommt man auch eine kostenlose Unterkunft gestellt.


    Für uns war es auch wichtig, dass sie erstmal ein paar Monate in Deutschland verbringt um zu schauen, ob sie es hier überhaupt mag. Nicht jedem gefällt der Alltag hier im Winter oder auf der Arbeit und so war das Testjahr eine einfache Möglichkeit.

  • Ich glaube, so viel mehr kostspielig ist der Weg mit Ausbildung nicht, ich denke sogar im Gegenteil er ist günstiger. Ja man muss einen Kurs B2 mehr machen, statt nur bis B1, aber der kostet gerade mal 23-24.000 Pesos mehr. Statt des Sperrkontos kann man eine VE machen und gut ist. In Deutschland braucht es dann keinerlei Unterstützung mehr. Bei Euch muss noch das Jahr noch bezuschusst werden, das Taschengeld langt da natürlich nicht. Rechne das mal für das Jahr zusammen. Auch im Falle einer Ausbildung hat sie die Möglichkeit jederzeit aufzuhören und auf die Philippinen zurückzukehren.