Eine kleine Anekdote von mir, der als Sohn einer philippinischen Mutter in Deutschland geboren und sozialisiert worden ist.
Meine Mutter war auf den Philippinen Lehrerin und somit auch verpflichtet, als Wahlhelferin zu fungieren. Während der Wahl für den (eigens von Marcos geschaffenen) Posten des Gouverneurs von Manila kandidierte seine Frau Imelda. Natürlich wurde bei der Wahl manipuliert und meine Mutter kriegte dies natürlich mit, als nach der Auszählung das offizielle Ergebnis, was in der Zeitung stand, von dem abwich, was sie selbst mit ausgezählt hatte. Zeitlebens schimpfte meine Mutter immer wieder auf Marcos. Auch den Sohn, der 2016 fast Vizepräsident geworden wäre, sah sie als potenziellen Diktator. Sie meinte, sobald er an die Macht kommt, errichtet er eine neue Diktatur. Sie schaute oft Nachrichten, hatte auch eine ausgeprägte Meinung zu deutschen oder amerikanischen Politikern.
Eines Tages kaufte ich mir das Buch Imelda der philippinischen Journalistin Carmen Pedrosa. Die Urfassung des Buches, in dem sie Imeldas Lügengebäude aufdeckte, sorgte dafür, dass diese Journalistin mit ihrer Familie aus den Philippinen fliehen musste.
Als ich bei meinen Eltern zu Besuch war und meine Mutter das Buch sah, fragte sie mich, was da drin steht. Ich erzählte, dass Imeldas unmittelbare Familie eigentlich arm war, sie aber behauptete, aus sehr reichem Hause zu kommen. Nur die etwas entfernteren Verwandten waren reich, ihr Vater war es aber nicht. Das war eine der vielen Lügen der Imelda.
Meine Mutter meinte daraufhin vehement, dass das nicht stimmen könnte. Sie war überzeugt, dass Imeldas Vater sehr reich gewesen war, denn: Das hat sie in der Zeitung gelesen und das kam auch so im Fernsehen. Man muss nicht alles glauben, was in Büchern steht. Ich habe das Diskutieren gar nicht erst angefangen, weil das einfach hoffnungslos war.
Ich lebe zwar nicht auf den Philippinen, bin aber als Doppelstaatler wahlberechtigt und nehme das Recht auch immer wahr. Die politischen Entwicklungen dort verfolge ich und verzweifle immer wieder an den schon genannten Problemen. Auch wenn hier nicht alles rund läuft, bin ich doch froh, hier zu leben und nicht dort (oder gar in den USA). Die Geschichtsklitterung und Straflosigkeit (siehe die Begnadigung von Estrada) haben Ausmaße, die mich leider pessimistisch stimmen. Politische Diskussionen, besonders online, vermeide ich hier wie dort. Solange ich nicht weiß, dass das gegenüber eine einigermaßen ähnliche Meinung hat wie ich, bin ich sehr vorsichtig.
Dass ihr als Expats euch raushaltet, kann ich gut verstehen und würde dies auch empfehlen. Aber wie halten es eure Kinder bzw. wie versucht ihr oder eure Partner(innen), den Kindern eine gewisse politische Grundkompetenz zu vermitteln?