Dass das philippinische „Sozialsystem“ zu einem wesentlichen Teil auf gegenseitige Unterstützung basiert, dürfte allgemein bekannt sein. Dass es dabei regelmäßig auch zu „Ausnutzung“ in der ein oder anderen Form kommt, ist ebenfalls eine Binsenwahrheit.
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Mindestens genauso legitim handeln jedoch diejenigen, die sich solidarisch zeigen, was family support oder auch darüber hinaus betrifft.
Prinzipiell kann man sich natürlich solidarisch zeigen, wenn es die Situation erfordert. Aber wenn jemand 20 Jahre lang seine Steuern nicht bezahlt, ist das mit Sicherheit kein Fall für ein Sozialsystem, wie auch immer dieses Sozialsystem geartet ist. Wer so etwas macht, muss die eben die Konsequenzen tragen. Nicht einmal in gut ausgebauten Sozialsystemen wie in Österreich und Deutschland käme jemand auf die Idee, dass die Sozialversicherung eine Steuerschuld übernimmt, wenn man gerade nicht flüssig ist.
Sozialsysteme sind extrem wichtig. Sozialsysteme werden von Solidargemeinschaften getragen, in die man entweder hineingeboren wird oder eintreten kann. Das Ziel von Sozialsystemen ist, dass man wichtige Leistungen erhält, auch wenn man gerade nichts leisten kann (Kinder und Alte konsumieren ohne zu leisten, und im Fall von Krankheit, Jobverlust, etc.). Meinetwegen sollen Sozialsysteme auch eine grundlegende Absicherung gewähren, damit man nicht unter der Brücke verhungert, wenn man sein Leben überhaupt nicht auf die Reihe bekommt. In der Regel wird man dazu gezwungen, Teil einer Solidargemeinschaft zu sein, was auch gut und sinnvoll ist. Da es auch um Kinderzeit und Altersabsicherung geht ist es notwendig, dass man sein gesamtes Leben Teil dieser Solidargemeinschaft ist. So etwas ist ein Geben und Nehmen und funktioniert nur mit sinnvollen Regeln, wie wann man wie viel beiträgt und wann man wie viel konsumieren darf.
In Deutschland ist das Sozialsystem vom Staat organisiert, enthält alle Einwohner, und hat sehr klare Regeln, wie viel man einzahlt und wann man Leistungen bekommt. Auf den Philippinen ist die Solidargemeinschaft die Großfamilie, aber ohne klare Regeln. Missbrauch gibt es in beiden Sozialsystemen. Das Hauptproblem im philippinischen Sozialsystem Großfamilie ist, dass es keine sinnvolle Balance aus geben und Nehmen ist, sondern dass die Faulen erwarten, dass ihnen die Fleißigen ein komfortables Leben finanzieren. Das ist kein Sozialsystem, dass ist einfach Missbrauch. Diese Sichtweise muss man sicherlich nicht unterstützen, schon gar nicht als eingeheirateter Ausländer. Dazu kommt, wenn man bereits Teil der staatlichen Solidargemeinschaft in der Heimat ist muss man nicht zusätzlich der Solidargemeinschaft Großfamilie beitreten. Das ist für viele Filipinos sicherlich schwer verständlich, weil sie gar nicht wissen, dass man bereits anderweitig zu einem Sozialsystem beiträgt.