Schweinehaltung - So kann es sich rechnen

  • Da sich offenbar einige Member für das Thema interessieren möchte ich von unseren seit 2 Jahren andauernden Experimenten berichten. Ich habe versucht mich intensiv damit zu befassen und es sieht so aus als ob sich dieser Aufwand lohnen wird. Um die Sache nicht zu kompliziert zu machen beschränke ich mich in diesem Posting ausschließlich auf Mastschweine. Ferkel, Sauen und Zuchteber sind etwas anders gelagert.


    Die auf den Philippinen üblichen Schweine sind zumeist sog. "Landrace". Diese Rasse ist widerstandsfähig für die hiesigen Verhältnisse. Aufgrund der Genetik ist allerdings nur eine maximale Gewichtszunahme von ca. 700 Gramm pro Tag möglich. Das sind ca. 30% weniger als die supidupi Rassen in europäischer Massenhaltung. Dafür hat das Fleisch, wenn man es richtig macht, eine super Qualität, vergleichbar mit Bio-Fleisch in Europa. Es geht also darum eine möglichst hohe Gewichtszunahme mit guter Fleischqualität zu kombinieren.


    Die wesentlichsten Kriterien dazu sind richtige Futtermischung, Bewegungsmöglichkeiten, Stallhygiene und Transport zum Schlachthaus. Jeder Fehler kostet am Ende richtiges Geld. Jede einzelne Mahlzeit muß für sich genommen ausgewogen sein, also das richtige Verhältnis von Kohlehydrate, Protein, Fett usw. Die Tiere bekommen morgens und nachmittags soviel von der Futtermischung wie sie fressen können. Mittags kann man kleine Mengen Grünfutter wie Gras, gehäckselte Bananenrinden oder noch grüne Maispflanzen geben. Da sind nicht nur natürliche Vitamine und Mineralien drin, sondern die Tiere haben auch Beschäftigung. Maiskörner können nicht verdaut werden weil sie zu kurz im Magen sind, sie müssen also vorher gemahlen oder gekocht werden. Ein zu hoher Anteil stark faserhaltiger Futtermittel wie Bananenrinden, Maispflanzen, Reiskleie (Ata) usw. führt zur vorzeitigen Sättigung und damit zur Wachstumsverzögerung und schlechterer Fleischqualität.


    Hier ein Beispiel für eine Futtermischung, 70 KG Mastschwein:


    23% Ata
    12% Bruchreis
    1% Melasse
    4% Fischmehl
    37% gemahlener oder geschroteter Körnermais
    19% Copra Preßkuchen
    4% Sojaschrot


    Grundsätzlich gilt: Je jünger das Schwein, desto höher der Proteinanteil (Fischmehl, Soja, Copra). Mit dieser Mischung haben wir eine ca. 10% höhere Gewichtszunahme bei ca. 20% geringeren Kosten im Vergleich zum besten Fertigfutter erzielt. Das hört sich zunächst einmal gut an, hat aber seine Tücken: Diese Futtermischung ist nur wenige Tage haltbar und beim Einkauf der einzelnen Futterkomponenten bekommt man nur bei größeren Mengen gute Preise. Fertigfutter ist monatelang haltbar weil das Konservierungsstoffe drin sind. Die beeinträchtigen jedoch Geschmack, Geruch und Farbe was dann wiederum mit anderen Chemikalien ausgeglichen werden muß. Diese wiederum haben negative Auswirkungen auf die Futterverwertung. Daher die Unterschiede zur eigenen Mischung.


    So, das war der erste Teil. Falls Interesse besteht schreibe ich noch etwas zu den anderen Aspekten der Hinterhof-Schweinehaltung.

  • Da wir uns auch mit dem Gedanken tragen vielleicht in die Schweinemast einzusteigen, wenn wir auf den Philippinen wohnen, würde ich mich zumindest über weitere Informationen sehr freuen!

  • Ich würde mich auch dafür interessieren.
    Was ist zum Beispiel ATA,
    auch habe ich gelesen, dass manche den Stamm der Banane verfüttern.
    Wie siehts mit Frischmais aus, kann man Silage herstellen aus Mais (für Kühe),
    usw. usw. usw.


    Und bitte, bitte!
    Bin zwar relativ neu hier, aber würde es gehen, falls einige der Meinung sind, dass es nicht klappt, es einfach beim Denken zu belassen!!!!!!!!!!!!!!!!!!1

  • So, das war der erste Teil. Falls Interesse besteht schreibe ich noch etwas zu den anderen Aspekten der Hinterhof-Schweinehaltung.

    Interesse besteht :thumb bitte fortfahren (wenn es die Zeit zulässt ;) )

    Wer sich selbst zu ernst nimmt, der sollte nicht zu ernst genommen werden.

  • Die Überschrift sieht so auch,als ob sich bei den Pinoys die Schweinehaltung nicht rechnet. Meine Schwägerin hat auch paar Schweine, wie und was die mit denen macht weis ich nicht, aber von Erlös hat sie außer ganz gut gelebt noch ein Tricycle, ein Solomotorrad bar gekauft und die 40 000 Peso, die sie mir zum Autokauf geliehen hat will sie seit 5 Monaten nicht wiederhaben. Für mich sieht das so aus, als ob sie da sehr viel richtig macht. Und wen es interessiert wie sie das macht, der kann uns gern besuchen und sie wird es erklären.
    Alex

  • Wie steht es mit der Entsorgung der Fäkalien aus.


    Wie kann das sicher entsorgt oder vieleicht weiterverwendet werden ?


    Im philippinischen Familienkreis redeten wir mal über die Schweinezucht als Erwerbsmöglichkeit und man erklärte mir die Entsorgung als problematisch.


    Ich bin da leider völlig ahnungslos, sorry für meine vieleicht doofe Frage ?(

    Liebe Grüße


    Lionhead

  • Zitat

    Wie kann das sicher entsorgt oder vieleicht weiterverwendet werden ?

    Brennt auch ganz gut, wenn man es lange genug liegen lässt ... :D alternativ vielleicht als Dünger, aber da wirst du wohl deutlich mehr erzeugen als du benötigst. Bin mal gespannt wie die Geschichte weiter geht. In meiner Zeit in Südamerika haben viele Rinderzucht gemacht. Entsprechend großes Land vorausgesetzt haben die damit auch gewaltig Asche gemacht.

  • Teil 2


    Um das Futter optimal verwerten zu können müssen die Schweine rund um die Uhr Zugang zu frischem Wasser haben. Dazu benötigt man einige Wasserrohre und Trinknippel. Alles andere kann man vergessen, insbesondere offene Wasserbehälter. Die werden von den Schweinen verkotet und ziehen andere Tiere wie Vögel, Hühner, Ratten usw. an. Wobei wir beim Thema Stall sind. Die Stallwände sollten von innen glatt verputzt sein damit sich kein Schmutz in den Poren ablagern kann. Normalerweise stellt man sich z.B. 10 Ferkel in den Stall und läßt sie bis zum Mastende dort. Nach unserer Erfahrung sollte am Ende mindestens 1,5 qm pro Tier vorhanden sein. Also 15 qm für 10 Tiere. Das ist doppelt soviel wie in Europa üblich. Eine höhere Besatzdichte führt zu Kanibalismus (Schwänze und Ohren anknabbern) und fördert die Übertragung von Krankheiten. Normalerweise werden die Ferkel gegen Pig Cholera vom Tierarzt geeimpft, danach sind meistens keine weiteren Medikamente nötig wenn man alles korrekt durchführt.


    In den meisten Ställen stehen die Schweine auf dem nackten Betonboden. Das ist OK, vorausgesetzt die Tiere und Stall werden jeden abend mit einem Wasserschlauch abgespritzt. Dadurch entsteht Gülle die dann hinten aus dem Stall herausläuft und versickert. Dieses Problem kann man etwas minimieren indem man alle paar Tage etwas CRH (Carbonized Rice Husk) auf die Fläche streut und alle paar Monate abträgt und als Dünger verwendet. Außerdem bindet die im CRH enthaltene Holzkohle den Geruch und hält Fluginsekten fern.


    Einstreu sollte man nur verwenden wenn das Stalldach so konstruiert ist dass es auch bei starkem Wind nicht von der Seite in den Stall reinregnen kann. Ansonsten bekommt man üble Probleme mit Gestank und Schimmelbildung.Ideal ist eine Mischung aus Reishülsen, CRH und etwas Salz. Das reduziert den Geruch auf Null und lässt sich alle paar Wochen leicht in Säcke abfüllen und zu den Feldern transportieren. Spaltenböden machen, wenn überhaupt, nur bei Großanlagen Sinn. Es sind nicht nur hohe Baukosten erforderlich sondern man benötigt eine komplette Infrastruktur zur Sammlung, Lagerung, Transport und Ausbringung der Gülle. Ähnliches gilt für Biogasanlagen.


    Das Thema Stallkonstruktion und Hygiene wird leider oft unterschätzt und es wird häufig am falschen Ende gespart. Das liegt vermutlich daran dass sich Fehler erst mit der Zeit bemerkbar machen. Kränkelnde Tiere fressen weniger und wachsen daher langsamer, von der Ansteckungsproblematik mal ganz zu schweigen.


    Fortsetzung folgt

  • Ein Bekannter von uns hat eine Hühnerfarm und auch ein paar Baboys. Mit dem anfallenden Mist düngt er seine Kokospalmen und hat den Copra Ertrag merklich gesteigert.
    Mist ist ein vielseitig einsetzbarer Dünger, das Ausbringen macht halt etwas Arbeit, dafür muss man dann keinen oder weniger Kunstdünger kaufen.


    Gruss Sabine

    Güte ist ein Bumerang

  • In den meisten Ställen stehen die Schweine auf dem nackten Betonboden. Das ist OK, vorausgesetzt die Tiere und Stall werden jeden abend mit einem Wasserschlauch abgespritzt. Dadurch entsteht Gülle die dann hinten aus dem Stall herausläuft und versickert. Dieses Problem kann man etwas minimieren indem man alle paar Tage etwas CRH (Carbonized Rice Husk) auf die Fläche streut und alle paar Monate abträgt und als Dünger verwendet. Außerdem bindet die im CRH enthaltene Holzkohle den Geruch und hält Fluginsekten fern.





    Wenn ein Teil....vermutlich der größte Teil.....versickert, läuft diese Brühe doch ins Grundwasser !


    20m weiter ist dann ein Brunnen der die Schweine mit Wasser versorgt.


    Die Gülle muß ordentlich entsorgt werden, ansonsten ist das ganze Projekt nichts wert.


    Genau das war der Punkt der bei unseren Überlegungen die Schweinezucht letztendlich als nicht akzeptabel einstufte.


    Auf Kosten der Umwelt und unserer Nachbarn möchten wir kein Geld verdienen.


    Eine gute Option wäre eine Güllegasanalage gewesen,


    mit den Gasen würde man einen Generator betreiben und Strom erzeugen, die Abwärme wäre hier auf den Philippinen nicht so einfach zu verwerten.


    Davon gibt es bereits einige Anlagen in Deutschland, wenn die Gülle dan ausgegährt ist kann sie auch sinnvoll und gefahrlos weiterverwendet werden.


    Leider ist solch eine Anlage zu teuer, zumindest für den philippinischen Raum.


    Du solltest die gesamte Güllemenge auffangen und in irgendeiner Art, vieleicht als Dünger, weiterverarbeiten.


    Das ist aber nicht so einfach wie man es schreibt, die Schweinezüchter in Deutschland haben bekanntlich große Probleme Ihre Gülle zu entsorgen und pumpen was geht auf große Feldflächen.


    Mal eben die Schweinegülle in Dünger umarbeiten, besonders bei größeren Mengen, ist nunmal so einfach nicht machbar.

    Liebe Grüße


    Lionhead

    2 Mal editiert, zuletzt von Lionhead ()

  • Vieleicht wäre es ganz gut wenn die Diskussion in einem separaten Thread abgetrennt wird. Mir ist aufgefallen dass fast alle Fragen in meinen Texten und Beiträgen anderer User beantwortet wurden. Bei der Gülle ist z.B. die Sache mit dem Einstreu die absolut saubere Lösung, viel besser als in Deutschland. Aber wie gesagt, der Stall muß eine entsprechende Dachkonstruktion haben. Es ist nun mal eine komplexe Materie und deshalb möchte bitten die Beiträge nochmals zu lesen bevor Fragen gestellt werden. So, nun aber zu


    Teil 3


    Wenn die Schweine beim Transport zum Metzger gestreßt werden hat dies verheerende Auswirkungen auf die Fleischqualität da die Tiere jede Menge Streßhormone ausschütten. Deshalb sollte man am Transport nicht sparen. Für einzelne Tiere gibt es Trimobiles mit Käfig-Beiwagen, größere Mengen gehören in spezielle Jeepneys oder Lieferwagen mit Verladerampe. Die Tiere müssen während des Transports stehen und sich etwas bewegen können. Wegen der Hitzeproblematik sollte der Transport möglichst nachts erfolgen.Vor der Schlachtung sollten die Schweine für einige Stunden Zeit haben um den Streß langsam abzubauen.


    Mit der eigenen Futtermischung sind wir auf Herstellungskosten von ca. 75 PHP pro KG Lebendgewicht gekommen, mit Fertigfutter ca. 90 PHP. Darin enthalten sind u.a. anteilige Stall- und Reparaturkosten sowie der anteilige Lohn des Caretakers. Diese Kostenfaktoren blenden viele Pinoys in ihrer Rechnung gerne aus. Da die Preise zwischen 70 und 110 PHP schwanken kommt es wirklich auf jeden Peso an. Ganz wichtig ist es dass die Finanzierung über die gesamte Mastdauer gesichert ist. Wer 10 Ferkel einstallt sollte also über ca. 70.000 PHP Kapital verfügen wenn er Fertigfutter einsetzt. Andernfalls kommt es zu vorzeitigen Notverkäufen untergewichtiger Tiere und das ist immer ein Verlustgeschäft.


    Die genannten 75 PHP beziehen sich auf Spitzenqualität und lassen sich gewiß noch signifikant senken, u.a. durch eigene Ferkelerzeugung, eigener Futtermittelanbau, Verwendung von Mais Silage und Corn Cob Mix sowie eine größere Anzahl Tiere und mehr Sorgfalt bei der Auswahl der Ferkel. Hinzu kommen noch mögliche Erlöse aus der Gülleverwertung als Dünger. In diesen Kontext müssen auch Aussagen mancher Pinoys gesehen werden die meinen dass sie nur 50 PHP Kosten haben. Das geht, wenn man nur Ata, Bananenrinde, Maispflanzen, Bäckerei- und Küchenabfälle verfüttert. Allerdings haben die Schweine dann eine extrem dicke Fettpanzerung die bereits bei der Schlachtung ranzig wird und sich vom Magerfleisch löst. Entsprechend niedrig sind dann die Ankaufspreise der Metzger.


    Pro KG Lebendgewicht benötigt man für Qualitätsfleisch ca. 3 KG Futtermischung und etwas Grünfutter. Die Mastdauer vom 10 KG Ferkel zum 90 KG Mastschwein beträgt ca. 125 bis 140 Tage. Wer wissen möchte wie in Deutschland die Bauern kalkulieren sollte sich diesen Online-Kostenrechner zu Gemüte führen:


    https://www.stmelf.bayern.de/idb/default.html


    Demnach liegen die Produktionskosten pro KG in etwa im Bereich der deutschen Massenhaltung. Auf den Philippinen wird übrigens ca. 70% vom Schweinefleisch in kleinen Hinterhof-Ställen produziert. In Deutschland liegt der Bio-Marktanteil bei ca. 0,5%...


    Fortsetzung folgt

  • Ist schon ein bischen teuer, bis sich das rechnet, muss ich viel Mais pflanzen.
    Was mir bei der Firschmaisfütterung zu denken gibt ist die Tatsache, dass dieser "grüne" Mais mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu Durchfall bei den Schweinen führen wird.

  • Ist schon ein bischen teuer, bis sich das rechnet, muss ich viel Mais pflanzen.
    Was mir bei der Firschmaisfütterung zu denken gibt ist die Tatsache, dass dieser "grüne" Mais mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu Durchfall bei den Schweinen führen wird.

    Frisch Mais Füttern ist in Schweinehaltung sehr gut,richtig ist, nicht zum Durchfall führt.
    Meine Erfahrung damit.


    Frisch Mais aber ohne Nässe,als Chips mit Mais Mehl(kg 15 Peso)mischen.
    Schweine Haltung muss schon Billig sein und auch viel bringen,also vorher Rechnen.
    Ich setze nicht auf viele Trocken Produkte,frisch ist am Besten bei uns.
    Das muss jeder selber ein Schätzen.
    Die Anleitung von jochen53 ist gut,so wie er es sieht ,bei sich. :clapping
    Ich halte Schweine immer 6 Monate ,also Gewicht 100 bis 120 Kg.Sind Fett Schweine, bringen aber auf den Markt viel Gewinn.

  • "Frisch Mais aber ohne Nässe,als Chips mit Mais Mehl(kg 15 Peso)mischen."


    Sorry bin da absoluter Laie. Darf ich trotzdem fragen, was man unter dem obigen Satz verstehen darf? Mais-Chips. Was ist das? Wie stellt man die her?

  • Ist denn eine Mästung von Schweinen mit einem Erlös nach dem Verkauf mit Abzug aller Kosten wie Wasser, Strom, Futter und Transport zum Schlächter von ca. 100.000 php/monatlich realistisch?


    Wie viele Schweine müsste man hiefür ungefähr einstallen? Ist eine Mastzeit vom Ferkel zum schlachtreifen Schwein von ca. 6 Monaten richtig?


    Ich frage deshalb, weil ja die meisten auf den Philippinen nur Kleinzüchter sind. Nehmen denn die Schlachtereien überhaupt solche Mengen an Tiere ab?

    Einmal editiert, zuletzt von Micha_Z ()