In Österreich ist es aufgrund der aktuellen Gesetzeslage derzeit nicht möglich, einen "Daueraufenthalt EU" zu beantragen, weil dazu eine "Werteprüfung" nachzuweisen ist, die bisher aber nicht angeboten wird. Dies betrifft sicherlich auch zahlreiche philippinische Ehepartner und Angehörige von österreichischen Staatsbürgern. Ich war gestern mit meiner Frau (wegen einer anderen Sache) bei der MA35 in Wien, wo derzeit die Hölle los ist, weil zahlreiche Antragsteller für "Daueraufenthalt EU" abgewiesen werden (die MA35 ist in Wien die zuständige Behörde für Aufenthaltstitel).
Hintergrund: Wenn Zuwanderer nach Österreich kommen, erhalten sie zunächst einen Aufenthaltstitel, der mehrmals verlängert werden muss. Bei Familienangehörigen von österreichischen Staatsbürgern, also beispielsweise philippinische Ehefrauen, handelt es sich dabei um einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger", der zunächst auf ein Jahr, dann noch einmal auf ein Jahr, und dann auf drei Jahre ausgestellt wird (*). Nach fünf Jahren mit einem Aufenthaltstitel ist vorgesehen, einen "Daueraufenthalt EU" zu bekommen. Der Vorteil davon ist, dass dieser "Daueraufenthalt EU" unbefristet gilt, in vielen Bereichen eine Gleichstellung mit Österreichern gegeben ist, und nur alle 5 Jahre eine neue Karte beantragt werden muss.
Problem: Bisher war es so, dass zur erstmaligen Beantragung des "Daueraufenthalt EU" Deutsch B1 (oder höher) nachzuweisen war. Vor ein paar Monaten wurde ein neues Gesetz beschlossen, dass zusätzlich eine Werteprüfung nachzuweisen ist (offenbar ein Multiple-Choice-Test zu österreichischen Werten). Es ist vorgesehen, dass der ÖIF diese Werteprüfungen künftig in Kombination mit der B1-Deutsch-Prüfung anbietet. Das Problem ist, diese Prüfung gibt es noch gar nicht - laut Hörensagen vom ÖIF wird diese Prüfung für 2018 vorbereitet. Laut der Zeitung "Standard" will ein privater Verein namens CIB diese Prüfungen in Kürze selbst anbieten - ob das dann von der Behörde akzeptiert wird ist abzuwarten. Es sei angemerkt, dass der ÖIF ("Österreichischer Integrationsfonds") eine Organisation ist, die dem österreichischen Außenministerium untersteht. Ich hätte kein prinzipielles Problem damit, wenn beispielsweise eine Übergangsphase von einem Jahr ab erstmaligem Angebot der Prüfung durch das ÖIF existiert, in dem nocht alte B1-, B2- oder C1-Zeugnisse anerkennt werden. Aber so bedeutet das aktuell:
- Aktuell gibt es keinerlei Möglichkeit, "Daueraufenthalt EU" zu beantragen, weil es keinerlei Möglichkeit gibt, die Werteprüfung zu absolvieren.
- Personen, die bereits B1-, B2- oder C1-Prüfungen haben, sind gezwungen, kommendes Jahr die B1-Prüfung in Kombination mit dem Wertekurs beim ÖIF zu wiederholen, wenn sie um Daueraufenthalt ansuchen möchten (oder ggf. schon früher beim CIB zu machen, falls das anerkannt wird).
- Bisher wurden auch B1-Deutschprüfungen vom OSD oder Goethe-Instituten anerkannt. Künftig werden sich Leute gut überlegen, ob sie dort noch eine B1-Prüfung machen, die für Daueraufenthalt wertlos ist.
Ich unterstelle dem österreichischen Staat hierbei schiere Bösartigkeit (und zusätzlich marktwirtschaftliche Beeinflussung zum Nachteil anderer Sprachdiplome). Die einzige Möglichkeit für Betroffene ist vermutlich, derzeit einen einjährigen Aufenthaltstitel zu beantragen und zu hoffen, dass man in den kommenden 12 Monaten irgendwie zu so einer Werteprüfung kommt, was wiederum mit Aufwand, Kosten, Stress und Behördenwegen verbunden ist.
Bemerkung: Die Websiten help.gv.at sowie die der MA35 sind noch nicht aktualisiert und enthalten noch keine Informationen zu den Werteprüfungen. Man lädt die Leute geradezu ein, um "Daueraufenthalt EU" anzusuchen, um dann abgewiesen zu werden. Auch in diesem Aspekt unterstelle ich Bösartigkeit.
Nachlesen:
Der Standard - Werteprüfungen sind für Migranten Pflicht, doch die Angebote fehlen
Stadt Wien - Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" (falsche Informationen zum Modul II der Integrationsvereinbarung, Stand 13.10.2017)
help.gv.at - Integrationsvereinbarung (falsche Informationen zum Modul II der Integrationsvereinbarung, Stand 13.10.2017)
(*) Probleme bei der Ausstellung des dreijährigen Aufenthaltstitels erläutere ich hier im Detail: [Österreich] Verlängerung Aufenthaltstitel Österreich – Irgendwas ist immer