Vorgeschichte
Eher per Zufall lernte ich im Internet eine Philippina kennen. Beziehung über 11.000 km? Guter Witz, war nicht meine Intention. Ihre auch nicht, nach einer ziemlich miesen Erfahrung mit einem Landsmann als Freund und noch tolleren Erfahrungen mit ein paar Europäern im Internet (so Marke nach den ersten ein, zwei Nachrichten "show me your ti...s") eigentlich auch nicht wirklich auf der Suche. War interessant, sich mal unverbindlich mit Jemanden aus einem anderen Kulturkreis mit völlig anderen Lebensumständen zu unterhalten und dabei auch noch das etwas eingerostete Englisch aufzupolieren.
Tja, kam, wie es kommen musste - irgendwann stellten wir fest, so ganz klammheimlich hat sich da wohl doch der Kodak gemacht (was entwickelt). Also darüber geredet. Und geredet. Und auch die praktischen Probleme erörtert. Fernbeziehung über 110 km - machbar. Über 11.000 km - forget it. Zusammenleben wie? Philippinen? Hab hier mein Geschäft. Also Deutschland. Von ihrer Seite aus durchaus ja, trotz aller Probleme für sie (allein die Familie dann so weit weg). Geht aber nur, wenn wir Nägel mit Köpfen machen und uns verehelichen. Stand zwar nach meiner mehr als unschönen Scheidung vor fast 20 Jahren nicht mehr auf meiner Agenda aber wat mut dat mut.
Wäre natürlich intelligent, sich zuallerest mal zu treffen. Sicher, man kann heute dank Chat und vor allem Camchat Menschen ganz gut auch ohne sich persönlich getroffen zu haben einschätzen. Aber das kann ein persönliches Treffen auf keinen Fall ersetzen. Also geschaut, wann kann ich weg? Weihnachten. Sofort gebucht aber als Pragmatiker natürlich mit Reiserücktrittsmöglichkeit. Nur kam ich mir in einem Punkt ZU schlau vor - nur eine Woche. So nach dem Motto: ich will für den Fall, das ich Jenny in real doch nicht zusage oder der Funke da nicht überspringt oder sonst was schief läuft nicht endlos in einer Stadt, die nun wirklich kein touristisches Highlight ist, festhängen alleine. War ein Riesenfehler, merkte ich aber schon während der chatterei bis zur Abreise - unsere Gefühle wurden immer tiefer. So tief, das ich für den Aufenthalt eine offizielle Verlobung ins Auge fasste (wieder Pragmatiker: Ringe zwar gekauft aber spät genug bestellt, das ich ggf. nach der Heimkehr ein Rückgaberecht habe ).
Die Anreise
Kann Jedem, der nach Cebu City will, nur wärmstens Asiana Airlines ab Frankfurt empfehlen. Abgesehen von der fantastischen Beinfreiheit (87 cm) in der Economy ist es wirklich gigantisch, mit dem A380 zu fliegen (gut, ich bin Flugzeugfan). Die Preise ok, der Service an Bord erstklassig, nach 10 Stunden in Incheon ausgestiegen und mich nicht gerädert gefühlt wie nach solchen Langstreckenflücken sonst so gerne sondern als käme ich aus dem Spa.
In Incheon dann - hat mir zwar einer hier im Forum empfohlen aber der Schalter ist auch so kaum zu übersehen - eine "Korea Free Transit-Tour" gemacht. Zeit wäre auch für eine längere bis nach Seoul drin gewesen aber da es in Korea eh lausig kalt war beschränkte ich mich auf eine kurze nach Incheon rein, nur mal so zum "schnuppern". Außerdem musste der Geocacher in mir natürlich den Cache direkt vor dem Flughafen mitnehmen. (Tip 1 für den, der noch nie in Incheon war: kein Thema, dort durch die Immigration zu kommen und wer die Airline nicht wechselt hat auch den Koffer nicht an der Backe, der wird von FFM gleich durchgecheckt, Tip 2: nach der Tour kann man, wenn man durch Immigration und Security wieder durch ist in der Asiana Transit Longe kostenlos duschen).
Bye, bye, Korea, ab nach Cebu. Sitzkomfort im A321 nicht ganz so doll aber ok, für 4 Stunden (die ich eh durchgehend außer Abendessen verpennt habe) ausreichend. Dann endlich angekommen in Mactan-Cebu. Natürlich mit rund 30 Minuten Verspätung, ist für den Flug relativ normal, scheint mir. Dann die Immigration. Gleichzeitig mit Asiana aus Incheon fallen da massenweise Chinesen ein, von den 16 Schaltern nur 5 oder so besetzt - über so was, das habe ich schon im Vorfeld erfahren, darf man sich auf den Phlippinen nicht aufregen, ist halt so und es dauert, so lange es eben dauert. Die Formalitäten dann überraschend schnell: Blick in die Kamera, Fingerprinter, "Your first time on the Philippines, Sir?" "Yes", "How long you stay here", Stempel, fertig. Dennoch recht nervös gewesen - wartet Jenny so lange auf mich? Gut, habe ihr gesagt, das die ganzen Formalitäten nach der Landung dauern können aber wir konnten in dem Moment keinen Kontakt aufnehmen, sie wußte also gar nicht, das ich gelandet bin, den letzten Kontakt hatten wir von Korea aus. Zum Glück dann kein Problem im Baggage Claim - der wollte meinen Koffer gar nicht sehen sondern grinste nur: "Waiting your Girlfriend outside, Sir?" (sah man mir das so an?). Und dann endlich in den Armen gelegen.
Die ersten Tage
Darüber gibt es nicht viel zu sagen. Das Quest Hotel ist nicht die preiswerteste Adresse, keine Frage. Aber wenn ich es mit deutschen Verhältnissen vergleiche für die Ausstattung und den Service hervorragend (oder ich kenne nur asiatische Hotels nicht). Und sie hat es sich gewünscht... , den Wunsch konnte ich ihr erfüllen. Sicher, sie lebt in sehr einfachen Verhältnissen, da kann ich es verstehen, wenn man ab und zu so einen Schuppen von außen sieht und dann den Wunsch hegt, auch mal darin zu wohnen. Am ersten Tag sind wir eigentlich erst am Abend losgezogen, in ein sehr schönes, italienisches Lokal (ebenfalls ein Wunsch von ihr - sie hatte Geburtstag und ich wusste ja, für echt philippinische Küche ist noch Gelegenheit genug). Nennt sich Anzani und wer ein romantisches Lokal für zwei sucht ist da genau richtig.
Nach der Shoppingtour am nächsten Tag (da sind Frauen auf der ganzen Welt gleich - shoppen gerne) am Abend dann endlich mal Tourist gespielt und Kathedrale Sto Nino, Magellancross usw. besichtigt. Da lacht das Herz des Erzkatholiken... Aber Sightseeing in Cebu fand nicht statt, es gab zu viel unter 4 Augen zu besprechen und ich bin ja Ostern, bei meiner nächsten Reise, mit mehr Zeit ausgestattet. Und es fällt dann auch das weg, was dann irgendwann folgte, nachdem sich in real unserer Beziehung sogar als noch besser wie im Chat herausgestellt hatte der:
Höhepunkt der Reise
Wir fuhren, weil bei ihr nicht genug Platz war, zum Haus ihrer Schwester. Dort wartete schon das vorbereitete Lechon auf uns und statt der 20-köpfigen Großfamilie eher 30 Leute (wofür Jenny sich entschuldigte, etwa 200x, bis sie mir endlich glaubte, dass das für mich vollkommen in Ordnung und im Gegenteil toll ist), wir wurden zum "Ehernsofa" geleitet, dort hing darüber ein gedrucktes Plakat mit zwei Bildern, die ich ihr mal per Chat geschickt hatte und der Aufschrift "Welcome Home, Reinhard" mit philippinischer und deutscher Flagge - wer mich kennt mag es kaum glauben aber ich war absolut sprachlos. Und wohlgemerkt: nur Jenny und ich wußten, das wir uns heute Abend auch verloben wollen, der Rest der Familie glaubte an eine Begrüßungsfeier und nachträgliche Geburtstagsfeier für Jenny. Für die, die die Menschen dort kennen brauche ich nicht zu erwähnen, was passierte, als ich nach meiner kleinen Begrüßung Jenny offiziell fragte und die Ringe getauscht wurden. Hammerhart - das die Bude stehen geblieben ist war auch alles....
Danach bekam ich meine gewünschte philippinische Küche in rauhen Mengen. Ich versuchte alles zu probieren, meistenteils keine Ahnung, was das alles war (nur das alles ganz hervorragend schmeckte), 1000000 Familienfotos, genau so viele Glückwünsche, lachen, tanzen und natürlich das, was auf keiner zünftigen philippinischen Fete fehlen darf: Karaoke. War wirklich ein toller Abend....
Abreisetag
Leider musste ich viel zu schnell wieder heim. Wie eingangs geschrieben: war ZU schlau bei der Buchung, über den Jahreswechsel hätte ich wenigstens bleiben können. Am letzten Tag fuhren wir zu Jennys zuhause, damit ich das auch noch kennenlerne. Ein sehr großer Vertrauensbeweis - im Vorfeld hatte sie immer Angst, ich würde "schlecht von ihr denken", wenn ich sehe, wie sie lebt. Ja, sehr ärmlich, sehr klein. Aber die sagenhaften Menschen machen das mehr als wett. Und ich rümpfe über so etwas sowieso nicht die Nase, kann ja keiner was dafür, ob er in einem Palast oder auf einem Strohsack zur Welt kommt. Auf jeden Fall habe ich da wieder gemerkt (auch ohne das Jenny mir das im Chat mehrfach erzählt hätte, als ich zuhause war), das meine Begeisterung für ihre Familie auf Gegenseitigkeit beruht. Anscheinend kennen sie nur arrogante, introvertierte Europäer. Am Schluß dann noch zum Friedhof zu den Gräbern ihrer Eltern, ihr Vater ist ja erst vor einem Jahr gestorben, ihre Mutter schon etwas länger. Passte, der Abschied von der Familie sorgte beiderseits für traurige Minen und ich musste 100x versprechen (was ich auch gerne tat), das ich Ostern nicht nur Jenny sondern auch die Familie wieder besuchen werde. Dann begann im Hotel das lange, traurige warten auf den Flug (der einzige Nachteil von Asiana sind die unchristlichen Zeiten - Ankunft von Incheon 0:45, dieselbe Maschine fliegt dann 1:50 wieder zurück).
Die harte Abreise
Genau, wie ich vorher wusste, wie schöne es werden wird sie erstmals zu treffen und es in Wahrheit noch viel schöner wurde wusste ich auch schon vorher, das der Abschied nicht leicht wird aber nicht, wie hart wirklich. Die Philippinen hatten noch ein paar kleine Überraschungen parat - sie durfte nicht mit in den Flughafen, auch mein Plan, den Koffer aufzugeben und dann noch mal raus klappte nicht. Also mussten wir uns draußen verabschieden. Drinnen dasselbe Spiel wie bei der Ankunft - endlose Schlange. Aber ich hatte wohlweislich genug Zeit eingeplant (außerdem wurde mit fortschreiten des Abends jede Minute im Hotel eh mehr zur Qual für uns). Irgendwann stand dann da an einem Stehpult, vorher gut versteckt, ein Polizist, schaute auf meine Bordkarte: "First Terminal Fee". Bitte? "First Terminal Fee, Sir". DAS war natürlich eine kleine Überraschung - normal sind ja Gebühren aller Art in das Ticket eingerechnet, nö, da muss man tatsächlich seperat 850,- PHP Terminalgebühren zahlen. Hätte Asiana eigentlich auf dem ansonsten an Hinweisen so reichen Boardingpass vermerken können... Gut, raus aus der Schlange, zum Gebührenschalter, gezahlt, neu angestellt. Bei der Security dann erste Besonderheit, muss ich normal nie: Schuhe aus. Dann die Feuerzeuge einkassiert, "No lighter allowed in plane, Sir". Gut, man kann im Flieger ja eh nicht rauchen aber nach der Landung in Korea dann. In Mactan-Cebu wenigstens kaum ein Problem, im Smoking Aera hängt an der Wand ein Kasten als elektrischer Anzünder mit leicht verbesserungsfähiger Funktion... Was mich nur ärgert: auch das schöne Einwegfeuerzeug, das ich in der Mall kaufte und als Souvenier gedacht hatte liegt nun im Müll.. Gut, seh es sportlich, hab Jenny, die es zwar nicht verlangt aber gern sehen würde eh versprochen, zu versuchen die Raucherei zu lassen. Nachdem 2x 10 (mit ein- und auschecken eher 12) Stunden Langstreckenflug zu meinem eigenen Erstaunen nicht das geringste Problem darstellten dachte ich mir: das dürfte ich packen...
Der härteste Moment der Abreise war nicht mal der Abschied vor dem Flughafen - der wirklich härteste Moment für mich war gleich nach dem Start: ich saß rechts am Fenster und die Kiste machte in eher niedriger Höhe noch eine schöne, scharfe Rechtskurve, so das ich direkt die Lichter von Cebu unter mir hatte. Wo ist der Fallschirm, wenn man wirklich einen braucht? Die Verspätung (wie gesagt: üblich) brauchte mir dagegen kein Bauchweh machen, Layover in Incheon auch zurück mit 4 Stunden gut mit Reserve versehen, reichte auch wieder gut zum duschen. Wenn ich dann auf dem Weg zu Gate 10 nach Frankfurt nicht am Gate 6 eine Asiana nach Mactan-Cebu gesehen hätte, die kurz nach uns gestartet ist, hätte ich mich wohl etwas weniger frustriert gefühlt. Wie sage ich immer: ich fliege wirklich für mein Leben gern aber ich habe es nie in meinem Leben so gehasst, in zwei Flugzeuge steigen zu müssen....