Ausgelöst durch den Thread 'Das erste treffen mit den Eltern der Freundin' entstand für mich ein interessantes Gespräch darüber, wie weit man sich, in einer binationalen Beziehung, auf die Kultur des Partners einlassen, respektive wie weit man diese respektieren und akzeptieren sollte.
Selbstverständlich hat TanduayIce Recht – wir haben uns vom eigentlichen Thema entfernt.
Da mich dieses Thema persönlich interessiert und ich neugierig bin, wie es andere Menschen handhaben oder sogar positive wie auch negative Erfahrungen mit der einen oder anderen Haltung gemacht haben . . .
Eröffne ich hier einen eigenen Thread zum Umgang mit den Kulturen.
Ich freue mich auf einen interessanten Meinungs- und Erfahrungsaustausch.
Als Beginn nehme ich die letzten beiden Posts aus dem Thread 'Das erste treffen mit den Eltern der Freundin' auf, um darauf zu reagieren.
Eine herabwürdigende Unterwürfigkeit Geste dich ich nicht in Ordnung finde. Begrüßung mit Respekt Bekundung sehen für mich anders aus.
Ich gehe mit Dir einig, dass es eine anerzogene Geste ist.
Ist es aber auch wirklich eine herabwürdigende Haltung oder ist es im Kontext der Kultur nicht einfach eine landestypische Tradition?
Oder anders herum gefragt:
Können wir es uns wirklich anmassen, darüber zu befinden, was richtig oder falsch ist?
Wir sind in unserem eigenen Kulturkreis gross geworden und betrachten diesen als normal.
Klar, dass uns da andere kulturelle Eigenheiten verwundern oder wir diese sogar ablehnen.
Aber - da muss ich nicht weit gehen.
Ich erlebe immer wieder heftige Unterschiede im Verhalten oder Denken bei den Schweizern und den Deutschen.
Oft dachte ich mir, bei einem typisch deutschen Verhalten: ''Wow, der hat sie jetzt aber nicht mehr alle.''
Ich würde es mir aber nie anmassen, darüber zu urteilen, welches der beiden Länder nun 'besser' ist.
Zudem, je mehr ich Deutschland und die Deutschen kennengelernt habe, um so mehr habe ich verstanden, gewisse Handlungen und Denkensweisen der Deutschen im Kontext zu sehen.
Und doch . . .
Sind sich die schweizer, deutsche und österreichische Kultur sehr nahe.
Uns verbindet dieselbe Sprache, dieselbe Religion und eine weitgehend zusammenhängende Geschichte.
Trotzdem gibt es teils auch grosse Unterschiede, welche auch schon mal zu heftigen Streits führen können.
Dabei möchte ich auch folgendes zu denken geben.
Die KInder sind in dieser Tradition erzogen worden und tun es automatisch.
Egal ob ich es nun für richtig oder falsch betrachte.
Habe ich als Schweizer das Recht, auf den Philippinen, bei einer philippinischen Familie, gegen die philippinische Kultur zu handeln?
Muss ich auf den Philippinen, den Menschen meine schweizerische Weltanschauung aufdrücken?
Schlussendlich würde ich nur die Kinder ablehnen und verunsichern, wenn ich diese Geste abwehren würde und allenfalls die Familie beleidigen.
Man muss sich diese Kultur aber nicht in allen Belangen anpassen.
Da gebe ich Dir vollkommen Recht.
Das habe ich auch gar nicht gemeint.
Ich denke nur, dass es mein Leben einfacher macht, wenn ich ein paar kulturelle Eigenheiten eines Landes beachte und respektiere.
Selbstverständlich ohne dabei meine eigene Identtät zu verlieren.
Ich habe hier auf die Schamkultur, Gesichtsverlust, bisher keinen besonderen Wert gelegt. Habe immer gerade aus gesagt was falsch läuft.
Da stimme ich Dir im Grundsatz voll zu.
Mache ich auch.
Wenn ich aber schnell und unkompliziert mein Ziel erreichen will, dann ist es oftmals hilfreich, wenn ich das Gesicht meines Gegenüber wahre.
Das ist aber übrigens in unseren Ländern nicht anders.
Betonen will ich aber, dass die direkte Art der Deutschen auch bei den Schweizern oft auf Missfallen stösst, so wie die 'Höflichkeit' der Schweizer vom Deutschen gerne mal als Falschheit verstanden wird.
Auch da, kulturelle Unterschiede ohne Anspruch auf eine Bewertung.
Unmut wahr anfänglich häufig festzustellen aber im laufe der Zeit hat man eingesehen das meine Vorgehensweisen und meine Kritiken berechtig waren.
Das handhaben wir innerhalb unserer Zweierbeziehung auch so.
Meine Frau hatte zu Beginn Mühe damit, geradeheraus zu sagen, was sie denkt.
Heute hingegen ist sie froh, dass wir unverblümt sagen, was wir denken, denn es verhindert Missverständnisse und spart Zeit.
Aber - da ihr das schon beinahe zu sehr ins Blut übergegangen ist, hatte sie auch schon heftige Reibereien mit anderen Filipinos.
Halte deine Vorgehensweise für falsch. Auf den Phils haben die normalen Bürger einen erheblichen Respekt vor Behörden, Politikern, reichen Unternehmern etc, und kuschen auch wenn die Obrigkeit im Unrecht ist.
Das tun die Schweizer aber auch.
Im Ernst, da sind die Deutschen uns einen Schritt voraus.
Der Deutsche wehrt sich wesentlich schneller, wenn etwas nicht stimmt.
Wir Schweizer machen so gut wie nie den Mund auf, wenn die Obrigkeit etwas will.
So sind auch schon mal Resultate einer Volksabstimmung ignoriert worden.
Das habe ich aber mit meiner Aussage auch gar nicht gemeint, denn mit dieser, von Dir erwähnten, Thematik werde ich so gut wie nicht konfrontiert.
Ich lebe nicht auf den Philippinen.
Ich bin, auch wenn ich mal länger dort bin, nur Tourist.
Klar hatten wir auch schon Behördengänge, gerade als wir geheiratet haben.
Da mach ich es mir einfach.
Ich lasse sie machen und halte meinen Mund.
Allerdings war ich auch schon zu überfreundlich zu einem Polizisten und habe dafür einen Rippenstoss meiner Frau kassiert, denn sie mag diese Unterwürfigkeit nun mal gar nicht.
Dabei wollte ich nur keinen Ärger mit der philippinischen Polizei.
Aus eigener Erfahrung, Rechtsstreitigkeit mit unserem Vermieter, Barangay Hearing:
..........................
Dazu kann ich mich nicht äussern, da ich wie gesagt nicht auf den Philippinen lebe und somit nie solche Erfahrungen hatte.
Aber ich verstehe komplett was Du meinst.
Danke
Ja, ok...aber ich bin eher kein Familienmensch! Deshalb zählen für mich eigentlich nur unsere kleine Kernfamilie.
Trotzdem bleibt Deine Frau eine Filipina und da Deine Frau ein Teil Deines Lebens ist, hat die philippinische Kultur in Dein Leben Einzug gehalten.
aber das heißt auch nicht das man nun zum Pinoy mutiert, wenn man dort ist
Das habe ich nun definitiv nicht gemeint.
Ich bin Schweizer und werde es zum grössten Teil auch immer bleiben.
Ich meinte viel mehr, dass meine Frau ein Teil meines Lebens ist und durch sie etwas an philippinischer Kultur in mein Leben gekommen ist.
Damit meinte ich mein Umfeld und nicht meine Persönlichkeit.
Trotzdem versuche ich, auf den Philippinen, mich an philippinische Dinge zu halten, die ihr wichtig sind, mein Leben dort vereinfachen und mich nicht verbiegen.
Im Gegenzug musste sie zum Beispiel lernen, dass wenn ich eine heftige Diskussion mit einer Langnase habe, auch auf den Philippinen, dass sie sich herauszuhalten hat, da es unter anderen kulturen Regeln abläuft.
(ist jetzt nur ein Beispiel)
Ja...stimmt...Aber Kultur und Verhalten ist völlig anderes! Die Unterwürfigkeit gegenüber Behörden, "Beamten" usw., das Gesicht verlieren, die Art mit Tieren umzugehen und vieles anderes laden nicht gerade zum nachmachen ein!
Da gebe ich Dir natürlich Recht.
Ausser beim Gesichtsverlust.
Grundsätzlich bin ich, wie schon gesagt, auch Deiner Meinung.
Wenn es mir aber zum Vorteil dient, dann wende ich gerne die philippinische Kultur an.
Respektive, sind wir in unseren Ländern nicht auch besser bedient, wenn das Gesicht unseres Gegnüber gewahrt bleibt?
Weil mir so etwas überhaupt nicht liegt! Mir muss niemand mit anerzogener "Unterwürfigkeit" seinen "Respekt" zollen, dafür das ich älter bin! Das ist ja kein Verdienst!
Wie schon oben gesagt, muss ich als Schweizer, auf den Philippinen, den philippinischen Kindern meine Kultur aufdrücken?
Können wir überhaupt darüber urteilen, was richtig oder falsch ist?
Ist denn ein Wai in Thailand auch abzulehnen und zu verachten?
Denn gerade die Thais oder die Inder bringen mit ihrem Gruss noch viel deutlicher den sozialen Stand und die daraus resultierende Unterwürfigkeit zum Ausdruck.
Auch insgesamt sind deren Kulturen weit mehr auf sozialen Rängen aufgebaut als die der Philippinen.
Trotzdem bewundern wir Langnasen die Schönheiten und Brauchtümer gerade dieser Länder und versuchen uns sogar, mehr oder weniger erfolglos, den Gruss zu erwidern.
Klingt für mich etwas widersprüchlich.
Was ist den in unseren Kreisen mit dem aufzählen aller Titel, adelige, wie auch akademische, was Österreich ja sogar zur Perfektion getrieben hat.
Der Knicks oder das respektvolle Nicken bei der Begrüssung einer 'höher stehenden' Person?
Ist das nicht auch eine Art von Unterwürfigkeit?
In allen europäischen Ländern gibt es Respekt- und Ehrbekundungen, die für die eigenen Einwohner völlig normal sind, bei einen Bewohner des Nachbarlandes aber schon mal für Kopfschütteln sorgen kann.
Und wir sind Nachbarn im kleinen Europa.
Da ich meine Frau im Ausland, für uns beide, kennen lernte und wir auch nur sehr selten auf die Phills fliegen...habe ich mich rein in meine Frau, ohne Umfeld verliebt
Das ist dann etwas anderes und dürfte auch eine eher seltene Konstellation sein.
Meine Frau ist deutscher als ich, deshalb hält sich das bei uns in Grenzen
Das soll es geben.
Hört man immer wieder.
Überintegriert nennt man das wohl.
Kann es dann umgekehrt nicht sein, dass eine 'Langnase' auf den Philippinen philipinischer wird, wie ein Filipino?
Die Frage ist durchaus ernst gemeint.
Bei uns ist es eben nicht so - oder zumindest noch nicht.
Vielleicht wird meine Frau auch mal mehr Schweizer wie ich.
Ehrlich gesagt hoffe ich das aber gar nicht, denn ich mag noch lange nicht alle Eigenschaften der Schweizer.
Nun bin ich mal gespannt, wie es andere mit der Kultur in einer binationalen Beziehung halten.
Gibt es allenfalls Erfahrungen oder Tipps?